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Auch im Zeitalter von Redaktionssystemen arbeiten modern aufgestellte Technische Redaktionen immer noch mit Microsoft Word. Sicherlich – wenn sie wirklich modern aufgestellt sind, nicht ausschließlich und nur in wohl definierten Ausnahmefällen. Nichtsdestotrotz: MS Word ist so schnell nicht aus der Redaktionswelt und damit zum Schreiben von technischen Dokumenten wegzudenken.
Warum macht man das? In welchen Fällen ist Word wirklich eine gute oder sogar die bessere Wahl? Dazu ein paar Beispiele aus unserer Kunden-Welt. Ob Sie vielleicht auch so gelagerte Anwendungsfälle haben?
Wenn der Dokumenttyp nicht fürs CMS taugt
Tatsächlich gibt es Dokumente und Dokumenttypen, die sich nur schlecht oder gar nicht für das Hosting in einem Redaktionssystem eignen. Ich denke da an die vielen Kunden, die ich im Bereich der Anforderungsspezifikation begleite. Bei der Textsorte handelt es sich meist um Lasten- und Pflichtenhefte. Dokumente, die kaum Potenziale zur Wiederverwendung haben und die in der Regel nicht übersetzt werden.
Dazu kommt, dass die Ersteller:innen aus Entwicklung, Forschung, Einkauf und Sales keine Redaktionsprofis sind. Ein Redaktionssystem mit seinem enormen Leistungsumfang würde sie erst einmal überfordern und nicht in ihrer Arbeit unterstützen. Und die Modularisierung der Inhalte – das zentrale Argument für ein Redaktionssystem in der klassischen Technischen Redaktion – würde für diesen Anwendungsfall und diese Zielgruppe zum Zeit- und Effizenzgrab werden.
Word-Dokumente, erstellt mit einer entsprechend intelligenten Vorlage, sind hier tatsächlich das Mittel der Wahl.
Word als Vorstufe zur CMS-Einführung
Die Einführung eines Redaktionssystems ist geplant. Aber es ist noch nicht so weit. Es entsteht weiterhin neuer Content, der – wenn das Redaktionssystem dann aktiv läuft – migriert werden muss in die neue Systemumgebung. Ein ganz typisches Szenario für eine Technische Redaktion im Übergang.
Wie gut, wenn man zu diesem Zeitpunkt als Redaktion mit MS Word als Textverarbeitung arbeitet, denn in Word lässt sich der Content sehr gut für die Übernahme ins CMS vorbereiten. Man kann Absatz- und Zeichenformate vereinheitlichen und generell auf der technischen Seite viele Hürden beseitigen, die eine spätere Migration aufwändig machen. Und, fast noch wichtiger: Word ist der ideale Ort, um den redaktionellen Content inhaltlich auf den Reifegrad zu heben, den ein Redaktionssystem voraussetzt. Darstellungsmuster vereinheitlichen, Formulierungen und Warnhinweise standardisieren, unnötige Varianz z. B. bei der Darstellung von Tabellen eliminieren: All diese wichtigen Vorarbeiten funktionieren in Word sehr viel besser als im Redaktionssystem.
In diesem Zusammenhang denke ich immer wieder gerne an ein Projekt mit einem Unternehmen aus der Automatisierungsbranche. Als ein Redaktionssystem noch gar nicht zur Debatte stand, habe ich zusammen mit dem damals frisch gekürten Dokumentationsleiter die komplette Standardisierung der Dokumente neu aufgesetzt. Eine saubere Word-Vorlage mit eigener Registerkarte. Und mit diesem einfachen Werkzeug eine ganze Menge neuer Anleitungen mustergültig standardisiert erstellt.
Das bald wachsende Redaktionsteam hat noch eine ganze Zeit so mit Word gearbeitet. Und als dann das CMS kam, war die Übernahme der Daten aus Word tatsächlich eine Kleinigkeit. Bestehende Dokumente liefen inklusive Übersetzung in wenigen Minuten ins Redaktionssystem. Einfach über die Standard-Importschnittstelle. Ohne aufwändiges Migrationsprojekt.
Word als Content-Provider
Ein letztes Beispiel. Aktuell führen wir SCHEMA ST4 als Redaktionssystem bei einem großen deutschen Maschinenbauer ein. Neben der Technischen Redaktion nutzt auch die Schulungsabteilung SCHEMA ST4 als Quellsystem: Für Schulungsunterlagen, Schulungspräsentationen und als „Single Source of Truth“ für Inhalte, die in den hauseigenen Lernplattformen weiterverarbeitet werden.
Zu dieser Schulungsabteilung gehört ein recht großer Stab an Trainerinnen und Trainern. Sie sind fachlich verantwortlich für die Schulungsinhalte und erstellen die Rohversion der Schulungsunterlagen.
Um diesen Prozess auch mit Redaktionssystem so einfach wie möglich zu machen, kommt jetzt MS Word zum Einsatz. Die Trainer:innen erfassen ihren Input in einer speziellen Word-Vorlage. Technisch ist die Vorlage so eingerichtet, dass sie die Anforderungen des Redaktionssystems an den Content optimal abbildet. So können z. B. keine Formate vergeben werden, die das Redaktionssystem nicht kennt. Auch das TOPIC-Konzept, nach dem im Redaktionssystem Inhalte in semantisch klassifizierten Bausteinen gemanagt werden, unterstützt die Vorlage.
Unter dem Strich ist in der Vorlage alles darauf ausgelegt, dass die Übernahme der Inhalte ins Redaktionssystem mit zwei Mausklicks erledigt ist. Und dass im Redaktionssystem nach der Datenübernahme keine umfangreichen Nacharbeiten nötig werden. Maximaler Komfort also für die ST4-Profis der Schulungsabteilung.
Maximaler Komfort aber auch für die Trainerinnen und Trainer. Dank der geführten Eingabe in Word brauchen sie sich nicht um den weiteren Verarbeitungsprozess und seine technischen Feinheiten zu kümmern. Und wenn es zeitlich einmal knapp wird: Sie können direkt aus der Word-Vorlage CI-konforme Schulungsunterlagen als PDF erzeugen. Auch ohne den Weg über das Redaktionssystem.
Dies sind nur ein paar Beispiele aus meinem Arbeitsalltag, in dem Word immer zusammen mit einer speziellen Vorlage eine wichtige Rolle spielt. Wie schaut es bei Ihnen aus? Nutzen Sie für Technische Dokumente noch MS Word? Ich freue mich auf Ihre Erfahrungen.