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Vor ein paar Jahren waren Glossare in der Technischen Dokumentation eines der beliebtesten Mittel, um komplexe Fachbegriffe verständlich aufzubereiten. Fast jeder Leitfaden hat sie empfohlen. Mittlerweile ist es aber ruhig geworden um das Wundermittel für mehr Verständlichkeit. Zu Recht?
Was ist ein Glossar?
Ein Glossar ist eine Sammlung von Fachbegriffen und den dazugehörigen Erklärungen. Es ist also so etwas Ähnliches wie ein Lexikon, allerdings beziehen sich Glossare mehr auf Fachwörter und Fachkonzepte, während ein Lexikon viele unterschiedliche Dinge erklärt.
Es gibt Glossare, die als eigenständige Publikation herausgegeben werden. Meistens sind Glossare aber nur Textteile in einem größeren Dokument, in der Technischen Dokumentation z. B. in einer Bedienungsanleitung.
Glossare gibt es schon seit der Antike. Auch das älteste deutsche Buch, der sogenannte Abrogans (einen Ausschnitt sehen Sie hier im Titelbild), wird oft als Glossar bezeichnet; wobei ich dieses althochdeutsche Werk aber eher als zweisprachiges Wörterbuch einstufen würde.
Damit ein Glossar wirklich hilft, ist es für die Verfasser:innen wichtig, die Zielgruppe sehr gut einzuschätzen. Zu viele Einträge im Glossar machen die Wörtersammlung unübersichtlich; zu wenige Einträge lassen unbekannte Begriffe unerklärt und führen dazu, dass die Leser:innen das Glossar nicht mehr verwenden. Ein Glossar ist also immer ein Balanceakt zwischen zu wenig und zu viel des Guten.
Warum sind Glossare in der Technischen Dokumentation nicht mehr so beliebt?
Das bringt uns auch schon zu einem Punkt, warum Glossare in der Technischen Dokumentation heute seltener eingesetzt werden: Ein Glossar zu erstellen, bedeutet einen deutlichen Aufwand. Gleichzeitig ist die Gefahr groß, dass man die Bedürfnisse der Zielgruppe nicht richtig einschätzt. Aber selbst wenn Sie die Bedürfnisse der Zielgruppe richtig eingeschätzt haben, werden Sie das oft nicht merken. Begeisterte Leser oder Leserinnen, die sich für das tolle Glossar bedanken, bleiben wohl weiterhin ein unerfüllter Wunschtraum der Technischen Redaktion.
Für Leser und Leserinnen waren Glossare andererseits oft nicht so hilfreich, weil das Nachschlagen den Lesefluss unterbricht. Meistens ist auch gar nicht klar, ob ein Wort, das man nicht verstanden hat, auch wirklich dort erklärt wird. Und dann muss man noch die Stelle finden, an der das Glossar beginnt und an der die Worterklärung steht. Aus Usability-Sicht sind das zu viele Unwägbarkeiten, die die Akzeptanz bei den Nutzer:innen letzten Endes torpedieren.
Zu guter Letzt werden Glossare oft als ein redaktionelles Werkzeug verstanden, das auf Druckwerke beschränkt ist. Mit dem deutlichen Trend zu digitalen Formaten scheinen Glossare vielen deshalb ein Ding der Vergangenheit zu sein – ein textliches Mittel, das in der heutigen Zeit nur noch wenig Relevanz hat.
Warum Glossare einen zweiten Blick lohnen …
Natürlich ist es ein Missverständnis, wenn man Glossare als einen reinen Print-Textteil ansieht. Auch in Webseiten oder mobilen Anwendungen haben Glossare ihren Nutzen. Allerdings muss man sein Verständnis davon, was ein Glossar ist, ein wenig erweitern. Im Wesentlichen sind Glossare nämlich nichts anderes als einfache Datenbanken, die aus einem Begriff und einer dazugehörigen Erklärung bestehen. Die können noch mit zusätzlichen Metadaten versehen sein wie Themengebiet („Maschinenbau“, „Pneumatik“ etc.) oder Zielgruppe („Anfänger“, „Profi“). Mit solchen Metadaten kann dann das Glossar zielgruppenorientiert Informationen für seine Benutzer:innen ausgeben, denn niemand zwingt uns, ein Glossar als lange Liste von Einträgen darzustellen. Im Gegenteil, oft ist es sinnvoller, das Glossar individuell auszuspielen. Zum Beispiel, indem ein Begriff, den das Glossar erklärt, in einem Contentbestand automatisiert mit einem Tooltipp versehen wird, der die Erklärung anzeigt. Für die Suchmaschinenoptimierung kann es wiederum sinnvoll sein, jeden Glossareintrag als eigene Seite auszugeben und den Nutzer:innen den Zugang über eine bequeme Facettensuche mit Type-Ahead zu ermöglichen.
Aber auch ein klassisches Glossar kann immer noch sinnvoll sein. Einige unserer Kunden nutzen Glossare zum Beispiel, um die Unternehmensterminologie bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekannter zu machen. Einfach mal in der Pause im Glossar blättern und schon weiß man wieder mehr über die Themenwelt des Unternehmens.
Einen zweiten Blick auf Glossare zu werfen lohnt sich auch deshalb, weil der Aufwand für Glossare genau betrachtet gar nicht so groß ist. Oft liegen viele Worterklärungen bereits im Contentbestand vor. Teilweise existieren in den Redaktionen gut gepflegte Terminologiebestände, die sich als Glossar nutzen lassen. Teilweise finden sich im Content bereits viele Definitionen und Worterklärungen, die sich zu einem Glossar sammeln lassen.
Aus redaktioneller Sicht stellt sich also nur noch die Aufgabe, wie das bestehende Rohglossar sich möglichst gut zugänglich machen lässt. Die Möglichkeiten für hilfreiche Glossaranwendungen sind nahezu unbegrenzt und sie bieten den Nutzern ein ganz neues Level der User-Experience.
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