Einfache Sprache, – in den letzten Jahren taucht das Stichwort immer öfter auf. Spontan klingt der Begriff sympathisch, für manche vielleicht aber auch ein wenig unterkomplex. Was vielen nicht klar ist: „einfache Sprache“ ist eine Form der Sprachstandardisierung, d. h. es gibt hier feste Regeln. Festgelegt werden diese gerade im DIN-Arbeitskreis 8581-1, in dem ich stellvertretender Leiter bin. Zu diesem Anlass will ich hier das Thema einmal ein wenig genauer unter die Lupe nehmen.
Einfache Sprache ist zunächst einmal ein Konzept für geschriebene Texte. Es richtet sich an alle potenziellen Leser und Leserinnen. Das unterscheidet sie von leichter Sprache, die sich primär an Menschen mit kognitiven Einschränkungen richtet. Dadurch wird einfache Sprache zunächst einmal sehr viel flexibler einsetzbar, weil man ja eine größere Zielgruppe erreichen kann. Andererseits lässt sich dadurch aber auch weniger genau festhalten, wie man einfach schreibt, denn was für Verwaltungsangestellte einfach klingt, muss für jemanden mit geringen Deutschkenntnissen noch lange nicht einfach sein.
Wichtig ist deshalb, dass sich einfache Sprache ganz klar an der Zielgruppe eines Textes ausrichtet, die die geringsten Verstehensvoraussetzungen hat. Das können etwa Menschen mit geringen Deutschkenntnissen sein oder Menschen mit wenig Sachkenntnis oder aber auch einfach Lesende, die in Eile sind und deshalb nicht lange über einen Text nachdenken können.
Was unterscheidet dann einfache Sprache von verständlichen Texten?
Die überraschende Antwort: Nichts! Ein Kernkriterium für einfache Sprache ist, dass die Texte verständlich sein müssen. Allerdings geht einfache Sprache über Verständlichkeit hinaus. Sie fragt sich,
- welche Zielgruppe den Text lesen soll,
- warum die Zielgruppe den Text liest bzw. lesen soll und
- wie die Zielgruppe sich im Text zurechtfinden kann.
Einfache Sprache weitet also, kurz gesagt, den Blick über den Text hinaus hin zum konkreten Leser bzw. zur konkreten Leserin.
Aus Sicht der Technischen Redaktionen lässt sich in den Regeln und Zielen deshalb kaum Neues finden. Wer sich die Leitlinien dazu anschaut, wird vieles wiedererkennen, was in unserer Branche seit langem Stand der Technik ist. Verständlichkeit, Usability, Nutzer-Orientierung: Das alles sind Themen, die die Technische Dokumentation als Branche bereits seit vielen Jahren diskutiert und für die sie viele und vor allem funktionierende Lösungen gefunden hat. In Bezug auf unsere Arbeitsweise können wir uns also zurücklehnen, wenn wir bisher unsere Hausaufgaben gemacht haben. Niemand muss fürchten, dass mit der Norm für einfache Sprache eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird, die in den Redaktionen zu unverhältnismäßigem Aufwand führt.
Aus strategischer Sicht gewinnen wir aber mit der Norm zu einfacher Sprache ein weiteres Argument für den Qualitätsanspruch in unserer Arbeit: eine weitere Norm, die belegt, warum unsere Arbeit in der Technischen Redaktion gut und wichtig ist – mal einfach gesagt.
Hm.. Leider ist der Text gar nicht so einfach geschrieben, dass ich nun verstehen würde, wie eine DIN Norm für Einfache Sprache aussehen kann.
Und nur weil etwas genormt ist, gewinnt es schon an Qualität? Das finde ich auch nicht einfach zu verstehen.
Vielleicht gibt es dazu einen Nachtrag?
Beste Grüße Andrea Battke
Keine Sorge, einen Beitrag über die Norm 8581 wird es sicher hier im Blog geben, sobald die Norm einmal fertig ist. Im Moment wird daran ja noch intensiv gearbeitet. Der Beitrag wird dann sicher auch nicht in einfacher Sprache sein. Unser Blog richtet sich an Textschaffende, vor allem an Technische Redakteure und Redakteurinnen. Stichwort: Die passende Sprachvariante zur jeweiligen Zielgruppe.
Ob eine Norm Texte verbessert, darüber kann man sicher unterschiedlicher Meinung sein. In der Technischen Redaktion haben wir damit ganz gute Erfahrungen gemacht (IEC/IEEE 82079-1 https://www.doctima.de/2020/01/minimalismus-prinzip-82079-1-technische-dokumentation/). Auf jeden Fall bietet aber eine Norm Klarheit, was z. B. Einkäufer:innen erwarten können, wenn sie Texte in einfacher Sprache beauftragen. Das allein wäre schon sinnvoll.
Beste Grüße
Markus Nickl