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Bei Blick auf das Schwerpunktthema „Deutsche Sprache – alles außer einfach?“ wird so mancher seufzen. Unsere Sprache ist wirklich nicht einfach. Mir fallen da sofort immer die Januswörter ein: Das Umfahren eines Hindernisses kann durch das Umfahren desselben verhindert werden. Alles klar oder eher nicht. Umso wichtiger, dass wir in unserer Branche ein Augenmerk auf die Sprache und die Verständlichkeit von Texten setzen und alle Themen, die sich daraus ergeben wie Terminologie oder Sicherheit.
Wie gewohnt gibt es unsere Kommentare zu Artikeln aus der Ausgabe 02/2023 und dazu einen Blick auf unsere eigenen Beiträge in der Zeitschrift. Vielleicht machen Sie Ihnen ja Lust, selbst zum neuen Heft zu greifen? Dann wünschen wir Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Michael Mann
Technical Communicator
Wegweiser an der Satzgabelung
Nathalie Exo, technische kommunikation 02/2023, S. 20–25
Grammatik-bedingte Verständnisschwierigkeiten und wie sie zu vermeiden sind – darauf geht Nathalie Exo in ihrem Beitrag ein. Nun gibt es in der Technischen Redaktion bereits gut erprobte (tekom-)Richtlinien für das Formulieren in Technischen Dokumenten, und diese Richtlinien decken prinzipiell auch die verschiedenen Fälle ab, die im Beitrag behandelt werden: Uneindeutige Satzstellung, uneindeutiger Kasus, uneindeutiger Numerus, unklare Zusammenhänge, lange Satzgefüge, distanzierte Wortstellung. Dadurch wird der Beitrag aber nicht überflüssig; vielmehr stellt er eine schöne Ergänzung und Erinnerung dar.
Richtlinien und Regeln einfach zu befolgen, das ist das Eine. Sie aber auch zu verstehen, das ist das Andere, und die Grundlage dafür ist mit dem Beitrag gelegt. Auf knappem, aber ausreichendem Raum wird für die genannten Themen gezeigt und erklärt, was warum problematisch ist und wie es besser geht. Dabei wird aber auch nicht der Regel-Holzhammer geschwungen, sondern bei aller Kürze häufig abgewogen und differenziert. Und so wird sicher der Eine oder die Andere wieder an den Grund erinnert für eine Regel, die man bislang eben einfach befolgt hat. Ich hatte meine kleine Aha-Erinnerung beim Thema Numerus und Artikelverwendung („Ach ja genau, das war der Grund für die Entscheidung, den Artikel bei Handlungsschritten nicht wegzulassen“).
Und ein Aspekt sei noch ergänzt: Eindeutig und verständlich formulierte Texte sind natürlich gut für die direkte Leserschaft. Zusätzlich reduzieren sie aber auch Missverständnisse und Fehlerquellen bei der Übersetzung, wodurch ihr Wert sogar exponentiell steigt.
Madeleine Reiter
Technical Writer
Verständlicher ohne Akzent
Martin Böcker, technische kommunikation 02/2023, S. 50–53
Ein wunderbares Thema, über das ich wahrscheinlich gleich mehrere Seiten füllen könnte. Grundsätzlich ist ja nichts gegen ein bisschen Akzent einzuwenden. Manche Akzente haben auch etwas Charmantes. Aber wir Deutschsprachigen haben da wahrscheinlich keine besonders guten Karten, wenn man sich überlegt, womit der deutsche Akzent gerne assoziiert wird.
Eine vollkommen akzentfreie Aussprache des Englischen ist dabei nicht essenziell, aber ich stimme zu, dass man an einigen Merkmalen arbeiten kann, um sich kompetenter zu präsentieren. Dabei ist unwichtig, in welcher Branche man tätig ist. Ich selbst habe erst im Linguistikstudium (Englisch, Französisch) von einigen dieser Akzentmarker erfahren. Die fehlende Differenzierung von /v/ und /w/ oder /ʤ/ und /ʧ/hat mir schon früh die Haare zu Berge stehen lassen, aber z. B. von der Endlautverhärtung habe ich erst recht spät Wind bekommen. Wie Herr Böcker aufführt, kann es aber aufgrund mancher Akzentmerkmale ggf. zu Verständigungsproblemen kommen. (Mir fällt da wieder der alte Witz ein: „Help! We’re sinking, we’re sinking!“ – „Nice, what are you sinking about?“)
Deshalb sollte in den Schulen meiner Meinung nach viel früher auf die Merkmale des deutschen Akzents hingewiesen werden. Natürlich ist für ein ausführliches Aussprachetraining wie an der Universität in der Schule keine Zeit. Aber wieso wird oft nicht einmal darauf hingewiesen? Herr Böcker begründet dies mit Recht dadurch, dass sie selbst manchen Lehrern nicht bewusst sind. Aus meiner Sicht ein Unding.
Artikel aus dem Hause doctima
Eine Norm für das Einfache, Dr. Markus Nickl, S. 16–19
Markus Nickl, Leiter des Arbeitskreis DIN 8581-1 „Einfache Sprache – Anwendung für das Deutsche – Teil 1: Sprachspezifische Festlegungen“, gibt in dem Artikel einen umfangreichen Überblick über Einfache Sprache in der Technischen Redaktion und die Entwicklung hin zu einer Norm für das Einfache.
Der Ruf nach verständlicheren Texten ist groß. Niemand möchte sich durch komplizierte, schwer verständliche Abhandlungen quälen, sei es Erklärungen zur Grundsteuer oder auch Anleitungen. Ziel ist es, die neue Norm so zu gestalten, dass sich Einfache Sprache als Standard für alle schriftlichen Informationstexte eignet.
Wer wissen möchte, wie Technische Redaktionen mit dieser Entwicklung umgehen sollten und wie der Prozess der Normung abläuft, dem empfehlen wir den Artikel in der technischen kommunikation und unseren Blog, in dem wir regelmäßig über das Thema Einfache Sprache berichten.
Konstruktive Sprachkritik, Dr. Markus Nickl, S. 26–27
Unsere Sprache ist im Wandel. Anglizismen, Gendern, Leichte Sprache – bei vielen Themen sind heftige Diskussionen vorprogrammiert. Aber kann man diesen Wandel nur anhand des eigenen persönlichen Empfindens oder individuellen Vorlieben bewerten? Ist es nicht sinnvoll, objektivere Beurteilungen heranzuziehen, ehe alles pauschal abgelehnt oder unreflektiert übernommen wird?
Markus Nickl setzt drei Kriterien an, die, konsequent durchgedacht, so mancher Aufregung den Wind aus dem Segel nehmen. Sei es, weil die Veränderung in Wirklichkeit gar nicht so neu ist oder die Sprache doch funktionell bereichert wird. Und überhaupt: Mehr Gelassenheit tut uns allen bei Sprachkritik gut.
Haben Sie die neueste Ausgabe der tekom-Zeitschrift schon gelesen? Wir freuen uns auf den Meinungsaustausch mit Ihnen!
Coverfoto Zeitschrift: © tcworld GmbH