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Seit einigen Wochen bietet Google einen Onlinekurs zum Thema „Technical Writing“ an. Auch wenn Sie vielleicht Google nicht auf den ersten Blick mit der Branche der Technischen Dokumentation in Verbindung bringen, so ist klar: Als Software-Unternehmen kann auch Alphabet – der Mutterkonzern – nicht auf Technische Redakteure und Redakteurinnen verzichten. Eine Zusammenstellung von wichtigen Ressourcen und Informationen für die eigenen Mitarbeiter und auch als Werbung für das Unternehmen ist daher durchaus sinnvoll. Wir haben uns den Kurs angeschaut, um die Frage zu beantworten: Lohnt sich der Kurs auch für Redakteur*innen hierzulande?
Der Slogan von Google „Making the world a clearer place“ lässt bereits ein wichtiges Anliegen von Google anklingen: klar und verständlich schreiben. Vielleicht ist das auch Ihr Anliegen, wenn Sie wie doctima aus der TechDoc-Branche kommen. Wir sind gespannt, ob der Slogan auch zu den neuen Kurse für Technische Redaktionen passt.
Übersicht über das Angebot Technical Writing
Google stellt zum Thema Technical Writing nicht nur Kurse zur Verfügung. Gleich über die Startseite erreichen Sie weitere Bereiche: Der Abschnitt Technical writing resources stellt Informationen zur Einarbeitung und Wiederholung bereit. Zusätzlich finden Sie Informationen zur Technical Writing Role. Hier informiert Google darüber, welche Rolle Technische Redakteur*innen allgmein und im Konzern spielen.
Google richtet sich mit seinen Ressourcen an verschiedene Zielgruppen:
- For Students: Es werden zwei Kurse angeboten. Der Einführungskurs Technical Writing One vermittelt Ihnen die Grundlagen des Technischen Schreibens. Der zweite Kurs Technical Writing Two hilft Ihnen, Ihre eigenen Kenntnisse in Technischer Kommunikation zu verbessern.
- For Facilitators: Hier findet man Informationen für diejenigen Teilnehmer, die selbst Kurse zum Thema geben wollen.
Die Kurse werden ausschließlich auf Englisch angeboten. Ein Sprachwechsel zwar eingebaut, aber hat keinen Effekt. Vielleicht sieht Google für die Zukunft Übersetzungen vor.
In diesem Blog-Beitrag befassen wir uns überwiegend mit dem Kurskomplex For Students und den eingebauten zwei Kursen.
Kursablauf Technical Writing for Students One und Two
Durch einen einfachen Klick auf den Button Get started startet man ohne zusätzliche Registrierung direkt zur Auswahl der beiden Kurse. Technical Writing One beinhaltet grammatische Themen über Wörter, Sätze (kurz, klar und verständlich), Listen und Tabellen, Absätze, Dokumente und Zeichensetzung. Ebenfalls dabei ist ein kurzer Einblick in die vereinfachte Auszeichnungssprache Markdown. Technical Writing Two, der Fortgeschrittenen-Kurs, vertieft Themen wie das Selbstbearbeiten (Styleguide, weiterbearbeiten und gegenlesen), informiert darüber wie man umfangreiche Dokumente organisiert und gibt Tipps zum besseren Illustrieren. Anhand eines Beispielcodes sollen auch hier die Grundlagen vermittelt werden: korrekt, prägnant, verständlich, kurz und klar, wiederverwendbar und aufeinanderfolgend zu schreiben. Empfohlen wird, zuerst den ersten Kursteil zu bearbeiten.
Als Zeitumfang gibt Google für Technical Writing One für die Pre-Classes 2 Stunden und In-Classes 2 bis 2,5 Stunden an. Für den Kurs Technical Writing Two sind in den Pre-Classes 1 Stunde und In-Classes 2 bis 2,5 Stunden angedacht. Ein nichtenglischer Muttersprachler benötigt hier wahrscheinlich etwas länger zum Einlesen und Abschließen der Übungen.
Jetzt sind Sie vielleicht über die Begriffe Pre- und In-Classes gestolpert. Die sogenannten In-Classes tauchen nicht direkt beim Kurs auf, sondern nur im Bereich For Facilitators. Sie enthalten zusätzliche Übungen, um das Erlernte anzuwenden und Kenntnisse zu festigen.
Zur Kontrolle gibt es bei einzelnen Übungen verdeckte Beispiellösungen, um sein Ergebnis zu überprüfen. Die Lösungen werden auch noch einmal erklärt.
Was ist gut, was ist eher schlecht umgesetzt
Die beiden Kurse bringen die wesentlichen Inhalte der Technischen Dokumentation umfassend und nachvollziehbar näher. Für einen angehenden Technischen Redakteur ist ein einheitliches Fundament an Grundlagenwissen dabei unerlässlich. Stellenweise sind einige Tipps etwas zu umfangreich und zu detailliert ausformuliert. Sie als Teilnehmer müssen nicht über die genaue Satzgrammatik informiert werden, wenn Sie das nicht benötigen. Die sprachlichen Grundlagen aus der Schulzeit können getrost vorausgesetzt werden, gerade für Muttersprachler. Für alle anderen, die noch einmal die englische Grammatik auffrischen wollen, ist das natürlich hilfreich. Insgesamt wirken die Kapitel dennoch überladen.
Google könnte in seinen Kursen noch mehr hervorheben, was in den einzelnen Übungen speziell zu machen ist. Außerdem ist die Zeit, Themen durchzuarbeiten und intensiv zu verinnerlichen, eng bemessen.
Der Stil in den Kursen ist typisch für Google. Jedes Kapitel startet mit einer Einführung, die Ziel und Themenbereich mit einzelnen Textbeispielen aufzeigt. Die Kurse sind fast durchgehend in Textform aufgebaut, gelegentlich wird aber auch ein Video eingebunden. Diese sind aber eher überflüssig, da sie keinen zusätzlichen Lerneffekt haben.
Die In-classes befinden sich leicht versteckt und nicht unbedingt intuitiv an der zu erwartenden Stelle. Insgesamt ist der Aufbau der Oberfläche unübersichtlich, da man die einzelnen Reiter nicht gleich voneinander unterscheiden kann. Hier muss man erstmal alles durchklicken, um den Überblick zu bekommen und behalten. Von einem „clearer place“ kann man hier also nicht unbedingt sprechen.
Fazit
Nun, lohnt sich also der Kurs auch für Redakteur*innen hierzulande? Für Teilnehmer, die sich von Grund auf in die Technische Redaktion einarbeiten möchten, ist es eine hilfreiche, einfache und kostenfreie Plattform zum Starten. Es werden grundlegende Vorgehensweisen beim Schreiben und Verwalten technischer Texte vermittelt.
Wer aber das Handwerkzeug in der Branche im vollen Umfang erlernen will, kommt um eine branchentypische Ausbildung oder Weiterbildung nicht herum. Aber das ist wohl auch nicht das Ziel der vorgestellten Kurse von Google.
Sinnvoller ist der Kurs natürlich für Redakteur*innen, die mit Englisch als Unternehmenssprache arbeiten. Schreiben Sie selber Ihre Dokumentationen auf Deutsch, so sind grosse Teile der Kurse für Sie schon mal eher irrelevant.
Haben Sie den Kurs schon durchgearbeitet? Wie sind Ihre Eindrücke?