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Von Digitalisierung liest man immer wieder. Doch oft fällt es schwer, sich vorzustellen, wie Digitalisierung konkret aussieht, also eine digitalisierte Technische Redaktion. Was verändert sich in einer Technischen Redaktion, wenn sie auf dem Weg zur Digitalisierung weit vorangekommen ist? Wir haben uns einmal angesehen, wie Dokumente in einer digitalisierten Technischen Redaktion aussehen, wie sich Redaktionsprozesse verändern und welche Auswirkungen Digitalisierung auf die Stellung der Technischen Redaktion im Unternehmen hat.
Digitalisierung in den Dokumenten
Dokumente im engeren Sinn gibt es in einer digitalisierten Technischen Dokumentation nicht mehr. Denn die Inhalte liegen nicht mehr als Dateien vor, sondern als modulare, digitale Einheiten, die in fast beliebigen Formaten und auf fast beliebigen Medien präsentiert werden können. Was die Nutzer und Nutzerinnen zu sehen bekommen, entscheidet sich oft erst vor Ort in der konkreten Anwendungssituation. Das betrifft die mediale Aufbereitung (z. B. als mobile Anwendung, Displaytext auf der Maschine oder als Chatbot-Dialog) ebenso wie die Inhalte (z. B. als Einsteigerinformation, als Profi-Kurzcheckliste oder als strukturiertes Handbuch). Für die Verteilung der Inhalte spielen Content-Delivery-Plattformen eine wichtige Rolle. Sie steuern, dass die richtige Information für die richtige Zielgruppe zur richtigen Zeit vorhanden ist.
Damit dies alles möglich wird, muss Content „schlau“ gemacht werden. Das heißt, dass die Inhalte in der Technischen Redaktion standardisiert sind, medienneutral vorgehalten werden und modular aufgebaut sind. Durch Metadaten, Taxonomien und Ontologien weiß jede Inhaltseinheit, zu welchem Produkt sie gehört, für welche Zielgruppe sie gedacht ist, in welcher Phase des Produktlebenszyklus sie relevant ist und noch viele weitere Dinge, die helfen, die Inhaltseinheiten in größeren Zusammenhängen zu präsentieren und automatisch an die Nutzer zu verteilen.
Digitalisierung in der Redaktion
Digitalisierung hat für die Redaktionsprozesse deutliche Folgen. Die Arbeit in der Redaktion verändert sich tiefgehend. Die wichtigste Änderung: Pure Contenterstellung hat einen immer geringeren Anteil an der Arbeit der Technischen Redakteure und Redakteurinnen.
Ein Großteil der Informationen, die die Redaktion benötigt, wird automatisch über Schnittstellen in die Dokumentationssysteme übertragen. Recherchearbeit entfällt in vielen Fällen. Durch Standardisierung und Modularisierung lassen sich viele Inhalte für ganze Produktreihen verwenden. Einmal geschrieben, wird der Content so zur Basis aller zukünftigen Weiterentwicklungen. Auch Übersetzungen laufen durch die Anbindung an Translation Memories und Systemen zur maschinellen Übersetzung fast ohne Eingreifen der Technischen Redakteur:innen ab.
Stattdessen fokussiert sich die Arbeit in der Technischen Redaktion stärker auf strategische Aufgaben. Wie sind die Zielgruppen beschaffen? Welche Contentkanäle bringen die Nutzer und Nutzerinnen wirklich weiter? Wie lässt sich durch Technische Dokumentation der Nutzwert des Produkts steigern? Welche Maßnahmen sorgen für eine gute User Experience?
Spannende Aufgaben gibt es auch in einer digitalisierten Technischen Redaktion noch mehr als genug. Und sie lassen sich gut bewältigen, weil lästige Fleißarbeiten entfallen oder weitgehend automatisiert im Hintergrund ablaufen.
Digitalisierung im Unternehmen
Digitalisierung verknüpft Menschen, Maschinen und Prozesse und in keinem Bereich des Unternehmens wird das deutlicher als in der Technischen Redaktion. In Zeiten vor der Digitalisierung waren Technische Redaktionen oft nur Anhängsel der Entwicklung und Konstruktion, deren Aufgabe hauptsächlich darin bestand, die Konstruktionsentscheidungen zu Papier zu bringen. In einem weitgehend digitalisierten Unternehmen wird die Technische Redaktion zur zentralen Informationsdrehscheibe für sämtliche Produktinformationen.
Oft sind die Datenbestände der Technischen Redaktion die „Single Source of Truth“, aus der sich andere Abteilungen bedienen. In allen anderen Fällen sind die jeweils verbindlichen Datenquellen bekannt und automatisiert über IT-Schnittstellen an die Contentbestände der Technischen Redaktion angebunden. Das lästige Hinterherlaufen und Verifizieren von verschiedenen Informationsständen entfällt komplett. Ein Abgleich zwischen den verschiedenen Datenbeständen erfolgt automatisch und in vielen Fällen in Echtzeit. Als Dienstleister im Unternehmen versorgt die Technische Redaktion viele andere Unternehmensbereiche mit relevanten Informationen rund ums Produkt, aber auch mit dem Zugriff auf einheitliche Terminologie und auf geprüfte Übersetzungsstände. Eine digitalisierte Technische Redaktion wird so zum zentralen „information hub“ für alle Informationen rund ums Produkt.
Von einer Digitalisierung der Technischen Redaktion profitieren alle Beteiligten. Die Aufgaben der Technischen Redakteure und Redakteurinnen werden interessanter, der Nutzen für das Unternehmen und das Produkt größer. Kunden erhalten eine Technische Dokumentation, die exakt auf ihre Bedürfnisse und die jeweilige konkrete Nutzungssituation abgestimmt ist. Es lohnt sich deshalb, diesen Weg möglichst früh zu gehen.
“Das lästige Hinterherlaufen und Verifizieren von verschiedenen Informationsständen entfällt komplett.”
“Kunden erhalten eine Technische Dokumentation, die exakt auf ihre Bedürfnisse und die jeweilige konkrete Nutzungssituation abgestimmt ist.”
Da hat aber jemand einen heftigen positiven Traum…
Schön, wenn der Traum Realität werden würde. Dazu müsste aber auch endlich der Begriff der “Informationsergonomie” auf Basis der ISO 9241-Reihe ( hier insbesondere Teile 11 und 110) für Informationsprodukte aktiv angegangen werden.
Bin gespannt ..
Natürlich malen wir da eine Vision auf (Nein, nein, von uns betreute Redaktionen arbeiten alle schon auf diesem Niveau!). Ich denke, es braucht mehr solche positiven Überlegungen, um der laufenden Entwicklung auch eine positive Richtung geben zu können.
Was Ihr Thema “Informationsergonomie” angeht: da bin ich voll bei Ihnen. TechDok ist auch ein Marketinginstrument, und ihr Wert für das Unternehmen liegt im Mehrwert für den Anwender. Da hat unsere Branche m.E. noch einige Luft nach oben. Wir arbeiten dran.