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InDesign ist auch heute noch ein Werkzeug zum Schreiben von Technischer Dokumentation. In unserem ersten Artikel haben wir gezeigt, warum diese Software in Technischen Redaktionen eingesetzt wird und welche Vorteile sie hat. Wenn Sie aufmerksam mitgelesen haben und uns vielleicht auch schon besser kennen, dann ahnen Sie: Wir setzen eher auf ein Contentmanagement-System. So sehen das auch viele Technische Redaktionen und wagen den Schritt der Migration von InDesign zum CMS. Doch wie läuft dieser Migrationsprozess genau ab?
Ich möchte Ihnen heute ganz grob verschiedene Wege der Migration skizzieren, ohne dabei allzu sehr in die Tiefe zu gehen – diese Tiefe folgt dann im dritten Teil unserer Reihe, wenn wir uns mit Skripting beschäftigen. Eines ist klar: Die Migration aus einem Layoutprogramm wie InDesign in ein Contentmanagement-System ist alles, nur nicht trivial und benötigt in erster Linie eine gute Planung.
Hübsch oder strukturiert?
InDesign ist wie bereits beschrieben ein Layoutprogramm, das in erster Linie dazu gedacht ist, Printprodukte gut ausschauen zu lassen. Womit haben wir es also zu tun?
- Das Ausgangsmaterial ist unstrukturiert.
- Wie so oft bei mächtigen Tools kommen proprietäre Elemente zum Einsatz und Adobe macht da keine Ausnahme.
- Das Layout ist stark mit dem eigentlichen Inhalt verwoben.
- Es gibt Möglichkeiten zur semantischen Auszeichnung von Inhalten über Formatvorlagen und Tags, aber diese werden selten oder meist nicht konsequent verwendet.
Ein Contentmanagment-System wie SCHEMA ST4 geht da einen komplett anderen Weg:
- Die Inhalte sind strukturiert und können unabhängig vom Ausgabemedium verwendet werden.
- Layout und Inhalt sind getrennt.
- Es gibt semantische Einheiten, Querverweise und Hierarchien.
- Dazu kommen Varianten, Wiederverwendungen und Übersetzungen.
Allein diese Gegenüberstellung macht deutlich: Da kommt einiges auf zu, aber wir lieben ja Herausforderungen!
Migration ganz oder gar nicht, manuell oder automatisch
Bei der Migration gibt es im Prinzip drei Wege, die Sie einschlagen können:
- alles beim Alten lassen,
- eine Migration komplett manuell oder
- Sie versuchen zu automatisieren, was zu automatisieren ist.
Alles beim Alten lassen
Den ersten Weg wollen wir gar nicht so genau betrachten, aber natürlich ist eine Migration zeit- und kostenintensiv und bringt die Prozesse in der Technischen Redaktion erst mal gehörig durcheinander. Ist Ihr Leidensdruck nicht zu groß und haben Sie keine speziellen Anforderungen, die einen Umstieg auf ein CMS zwingend benötigen, so kann eine einfache Entscheidung sein, alles beim Alten zu belassen.
Doch überlegen Sie gut: Der Aufwand für die händische Aktualisierung von InDesign-Dokumenten kann enorm werden. Dazu ist die Fehleranfälligkeit groß und die Qualität kann leiden. Und – der wohl wichtigste Punkt – Sie verbauen sich die Möglichkeit für moderne Dokumentation: Die Wiederverwendung Ihrer Inhalte für Onlinehilfen, mobile Apps oder Displays ist mit InDesign nicht zu erreichen.
Migration komplett manuell
Im ersten Reflex gehen viele eine Migration komplett manuell an. Jedes Dokument, jede Seite wird manuell von InDesign zu SCHEMA ST4 kopiert. Bei einem kleinen Doku-Bestand kann das ein probater Weg sein, aber kalkulieren Sie gut. Achten Sie auf folgende Werte:
- Die Anzahl an Seiten, die migriert werden sollen.
- Wie viele Sprachen kommen zum Einsatz?
- Wie schnell kann der oder die Verantwortliche das umsetzen? Hier werden Skills für beide Systeme benötigt, um eine zügige Migration zu ermöglichen.
Beim Anblick des Ergebnisses kommt schnell Ernüchterung auf. In einem unserer Kundenprojekte sah die Rechnung wie folgt aus:
Umfang: 2500 Seiten
Sprachen: 2
Zeit für Migration eines Dokuments: 0,25 Stunden (eher knapp kalkuliert)
Stundensatz: 40 €
► Dauer: 1.250 Stunden
► Kosten: 50.000 €
Zeit und Geld sparen mit gezielter Automatisierung
Beim Anblick der Zahlen sollten Sie jetzt nicht reflexartig zu Weg 1 wechseln – alles beim Alten lassen. Folgen Sie uns lieber weiter auf Weg 3: Automatisieren, was zu automatisieren ist. Der Vorteil: Sie haben einen kontrollierten, nachvollziehbaren, weniger fehleranfälligen Prozess und es geht bedeutend schneller. Spoiler: In unserem Projekt konnten wir durch Automatisierung 1000 Stunden einsparen, was sich natürlich auch bei den Kosten deutlich bemerkbar macht (nur ein Fünftel der Kosten, also 10.000 €).
Ziele, Analyse und Migrationsplan
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Sie aber noch etwas Zeit in die Planung stecken. Gehen Sie dabei wie folgt vor:
Schritt 1: Abnahmekriterien festlegen
Legen Sie als Erstes anhand von konkreten Kriterien fest, wo die Reise genau hingehen soll. Diese Abnahmekriterien sind für jedes Projekt individuell, daher können wir hier kein Patentrezept geben, aber zumindest ein Beispiel:
Beispiele für Abnahmekriterien in einem Migrationsprojekt:
- Inhalte sollen vollständig und zweisprachig im CMS liegen.
- Die Produktion im bestehenden PDF-Layout funktioniert.
- Spezielle Variablen sind definiert z. B. Produkt- und Herstellerangaben.
- Querverweise funktionieren medienneutral.
Schritt 2: Muster im Ausgangsmaterial finden
Im nächsten Schritt analysieren Sie Ihre Inhalte und das bedeutet bei der Migration von InDesign in ein CCMS Muster im Ausgangsmaterial zu entdecken. Schauen Sie sich dabei folgende Punkte an: Dokumente, Grafiken, Kapitel, Textboxen, Überschriften, Fließtextformate, Tabellen, Formeln und Sonderzeichen (hier werden oft spezielle Fonts verwendet, ein CMS benötigt aber Unicode).
Schritt 3: Was passiert mit den Mustern?
Wenn Sie mit dem Material so richtig auf du und du sind, können Sie entscheiden, was davon
- ignoriert werden kann,
- was Sie bei der Migration erhalten und neu erzeugen oder
- welche Bestandteile Sie umwandeln müssen.
Ein Patentrezept habe ich auch hier nicht für Sie. In unserem Beispielprojekt haben wir festgelegt, dass wir individuelle Formatierungen und Deckblätter ignorieren. Verzeichnisse, klassifizierte Textbausteine, Querverweise und Variablen sollten dagegen mitgenommen oder erzeugt werden. Grafiken müssen natürlich auch migriert werden und das sprachneutral.
Besondere Aufmerksamkeit erforderten neben den Symbolen, die in Unicode umgewandelt werden mussten, auch Warnhinweise. Diese wurden in InDesign als Tabellenkonstrukt erstellt. Hier sollte dieses Konstrukt automatisch erkannt und in ein Fragment umgewandelt werden, dass dann in SCHEMA ST4 wiederverwendet werden kann.
Und zu guter Letzt planen Sie die Migration mit den einzelnen Schritten:
Beispiele für Migrationsschritte:
- redaktionelle Vorarbeiten (z. B. Korrektur von Formaten)
- Vorbereitung der Automatisierung (Skripte programmieren, Tools auswählen)
- Transformationen und Importe durchführen
- manuelle Nachbearbeitung (z. B. redaktionelle Korrekturen, Sprachen zusammenführen)
- Übergabe, Abnahme
Soviel vorab zum allgemeinen Vorgehensmodell bei der Migration von Inhalten aus einem Layoutprogramm wie InDesign in ein CMS. Sie sehen, dass sich eine kluge Automatisierung in Migrationsprojekten lohnt und Ihnen Zeit und Kosten sparen kann. Im nächsten Teil wird es etwas „nerdiger“. Es werden Ihnen viel XSLT & Co begegnen, so viel darf ich schon verraten.