Die Digitalisierung prägt zunehmend auch den Alltag in unserer Branche. Die Integration der Datenflüsse und Arbeitsvorgänge mit anderen Unternehmensbereichen schreitet fort und wirkt sich auf die Arbeitsweise in der Technischen Redaktion aus. Auch die digitale Bereitstellung von Informationen und damit letztlich der Abschied vom A4-Dokument verändert unsere Sicht auf die Informationen, die wir bereitstellen.
Die digitale Transformation folgt dabei keinem Selbstzweck, sondern soll konkrete Ziele erreichen – seien es finanzielle Einsparungen, Prozessbeschleunigung, Qualitätsverbesserungen oder eine erhöhte Kundenzufriedenheit. Inwieweit diese Ziele erreicht werden, sollte nach Möglichkeit nachvollziehbar und am besten messbar sein. Ein geeignetes und erprobtes Mittel dafür sind Kennzahlen. Welche Kennzahlen zur Digitalisierung sollte eine Technische Redaktion also erheben?
Über Kennzahlen ganz allgemein erfahren Sie viel in der tekom-Studie „101 Kennzahlen für die Technische Redaktion“. Diese Studie ist allerdings etwas in die Jahre gekommen (aufgelegt 2008) und wird deshalb gerade um ein Kapitel zur Digitalisierung ergänzt, an dem ich zurzeit arbeite. Sobald das Kapitel fertig und veröffentlicht ist, werden wir natürlich hier im Blog darüber berichten. Aber schon jetzt möchte ich in diesem Beitrag ein paar Gedanken niederschreiben. Doch zuvor gilt es ein paar Begriffe zu definieren, die im Kontext der Digitalisierung Technischer Redaktionen immer wieder auftauchen:
- Digitalisierung
- bedeutet im aktuellen Kontext das Zusammenführen vorheriger Insellösungen im und zwischen Unternehmen zu einem umfassenden digitalen Datenfluss.
- Vernetzung
- in Gestalt von Unternehmensnetzwerken, verbunden durch das Internet, ist die technologische Voraussetzung und Grundlage für die Digitalisierung.
- Automatisierung von Datenflüssen und Arbeitsabläufen
- wird möglich, wenn Systeme untereinander und ohne manuelle Eingriffe vernetzt kommunizieren. Hierdurch können erhebliche Effizienzgewinne in Unternehmensprozessen entstehen.
- Single Source of Truth
- ist das Ziel, Daten und Informationen nicht mehrfach an unterschiedlichen Stellen zu erfassen und zu pflegen, sondern sie an einer einzigen, wohldefinierten Stelle zu verwalten und je nach Bedarf von dort abzurufen und weiterzuverwenden.
- Intelligente Information
- kann Aussagen über sich selbst treffen, um sich besser auffinden und verknüpfen zu lassen, und um erweiterte Hilfestellungen zu bieten. Der tekom-Standard iiRDS ermöglicht Bereitstellung und Austausch intelligenter Informationen.
- Modularisierung und Klassifizierung von Inhalten
- sind die notwendige Grundlage für intelligente Information. Ein Textmodul, das die Information „ich bin die schrittweise Anleitung für Fachpersonal für den Einbau der Komponente X der Maschine Y“ in sich trägt, lässt sich z.B. automatisch mit dem Modul „ich bin das benötigte Werkzeug für den Einbau der Komponente X der Maschine Y“ verknüpfen.
Beispiele für Kennzahlen zur Digitalisierung in der Technischen Redaktion
Digitalisierung bedeutet für unsere Branche, dass Produktinformationen nicht mehr ausgedruckt oder als PDF ausgeliefert werden, sondern digital, z. B. in einem Content-Delivery-Portal oder vielleicht als HTML bereitgestellt werden. Dieser Vorgang lässt sich z. B. mit einer Kennzahl bewerten, die das Verhältnis im Publikationsbestand zwischen „intelligentem“ HTML und „unstrukturiertem“ PDF ermittelt und über die Zeit verfolgt. Die Publikationskanäle stehen aber am Ende der Kette. Schon früher im Prozess ist der Einsatz von Kennzahlen sinnvoll.
Um überhaupt zur Publikation zu kommen, also „Intelligente Information“ bereitstellen zu können, muss der Content das auch hergeben. Die dafür benötigte Modularisierung und Klassifizierung treffen in der Realität auf große Mengen kapitelorientiert geschriebener, unbestimmter Textbestände. Eine relevante Kennzahl wäre dann vielleicht das Verhältnis aus klassifiziertem, modularem Content zu kapitelorientiert geschriebenen anonymen Textbausteinen im Redaktionsumfeld.
Noch einen Schritt vorher im Redaktionsprozess, auf der Recherche- und Input-Seite, ließe sich betrachten und über die Zeit verfolgen, wie viele Daten in der Redaktion manuell übernommen oder neu erfasst werden, die eigentlich an anderer Stelle bereits von jemand anderem erfasst werden. Dieser Faktor sollte in jedem Fall mit der Zeit sinken.
Ist die Verbesserung der Qualität ein wichtiges Digitalisierungsziel, lässt sich z.B. über eine automatisierte Bewertung mit einem Controlled Language Checker die Publikationsqualität als aussagekräftige Kennzahl ermitteln.
Fazit
Die digitale Transformation wird unsere Branche in den nächsten Jahren stark beeinflussen. Um den Wandel erfolgreich zu gestalten, ist es ratsam, sich über seine Ziele im Klaren zu sein und sich über geeignete Messgrößen und Kennzahlen Gedanken zu machen, um Auswirkungen und Erfolg der Veränderungen und der eigenen Maßnahmen verfolgen und steuern zu können.
Welche Veränderungen stehen bei Ihnen an bzw. sind im Gange? Welche Zahlen halten Sie für relevant? Wir freuen uns auf Ihr Feedback zu diesem hochrelevanten Thema!