Vor kurzem hatte ich im Auftrag eines Kunden mit bloXedia zu tun. Das ist ein – uns bei doctima bis dato unbekanntes – Component Contentmanagement-System (CCMS) für die Technische Dokumentation. Während meiner Beschäftigung mit dem System sind mir einige Punkte aufgefallen beim Vergleich von bloXedia mit SCHEMA ST4, die die Trennung von Struktur und Inhalt betreffen. Diese Gedanken möchte ich gerne hier im Blog teilen und natürlich auch diskutieren.
Die Rahmenbedingungen sind dieselben wie bei anderen Systemen auch: Es handelt sich um einen datenbankbasierten Serverdienst mit Windows-Clients. Sie können Ressourcen importieren und bearbeiten, die Inhalte werden naturgemäß in Bausteinen verwaltet und Sie können mit bloXedia regelgeleitet Dokumentstrukturen aufbauen. Der Content sowie der integrierte Editor fußen auf XML.
Außerdem verfügt das Redaktionssystem über die üblichen Mechanismen: Redakteure können u. a. Metadaten ergänzen, mit Variablen arbeiten und Varianten anlegen. Das CCMS ermöglicht Übersetzungen durch Kompatibilität mit Translation-Management-Systemen, und Publikationen lassen sich in den bekannten Zielformaten PDF, DOCX, HTML5, CHM und XML produzieren.
Zweigleisiges Fahren bei der Strukturierung
So weit, so vertraut. Auffällig fand ich allerdings den flexiblen Übergang zwischen Content auf der Mikroebene und Objekten auf der Makroebene: In bloXedia können Sie Bausteine und Kapitel sowohl als „externe“ Datenbank-Objekte als auch als „interne“ XML-Strukturen anlegen. Ein solches Objekt entspräche in SCHEMA ST4 einem Knoten – also einem direkt sichtbaren Baustein, den ich mit der Maus greifen und z. B. wiederverwenden oder mit bestimmten Eigenschaften versehen kann. bloXedia beschränkt sich aber nicht auf den objektbasierten Aufbau von Hierarchien. Es ermöglicht einen solchen strukturgebenden Mechanismus zusätzlich „intern“ im XML-Editor.
Das erlaubt dem User einerseits, vom einzelnen Satzfragment, etwa einem Listenpunkt, bis hin zum ganzen Dokument alle Inhalte und Aufbauelemente vollständig im XML-Editor zu bearbeiten. Einerseits ein Vorteil, denn so kann man getrost drauflosschreiben, ohne für jedes Unterkapitelchen sofort einen eigenen Knoten anlegen zu müssen. Erst im Anschluss und nur bei Bedarf wird dann das XML in „externe“ Strukturen konvertiert.
Andererseits sehe ich die Ablage von gleichbedeutenden Daten mit zwei ganz unterschiedlichen Mechanismen kritisch. Die fließenden Grenzen zwischen Struktur und Inhalt sind nicht nur verwirrend für Redakteur:innen, sondern erhöhen auch den Arbeitsaufwand, wenn Themen wie Modularisierung und Wiederverwendung relevant werden. Dabei sind das ja die zentralen Vorteile eines Component Contentmanagement-Systems.
Mit bloXedia verschwimmen die Ebenen Inhalt, Formatierung und Struktur leicht miteinander und sorgen damit für Uneindeutigkeit. Dieses Übermaß an Möglichkeiten zur Strukturierung macht es schwer, das System zielführend einzusetzen. Mit der richtigen Herangehensweise ist es möglich, aber leider unnötig komplex.
Durch Migration trotzdem noch die Kurve kriegen
Damit steht bloXedia im Gegensatz zum stringenteren Modell von SCHEMA ST4 – mit dem wir bei doctima aufgrund eben jener Stringenz so erfolgreich arbeiten. In ST4 werden nur die Inhalte in XML gehalten, Struktur erhält der Content hingegen durch Objekte der Knoten-Hierarchie. Diese Trennung schafft nicht nur Klarheit. Sie ermöglicht auch die Nutzung der flexibleren Mechanismen von ST4, das für komplexe Strukturen und Prozesse besser geeignet ist als bloXedia.
Zu diesem Schluss war auch unser Kunde gekommen. Durch die zwei verschiedenen Strukturierungsansätze war das komplette Contentmanagement ins Schleudern geraten. So standen wir also vor der Aufgabe, den zweigleisigen Aufbau der Dokumentation des Kunden in ein klareres ST4-Projekt umzuwandeln. Dazu entwickelten wir eine Standard-Methode für die Migration von bloXedia nach Schema ST4. Der Kunde hatte zum Schluss alle benötigten Inhalte sauber strukturiert in ST4 – Ende gut, alles gut.
Mein Fazit nach der intensiven Auseinandersetzung mit bloXedia: Zwei konkurrierende Mechanismen, um Inhalten Struktur zu geben, beeinträchtigen die systematische redaktionelle Arbeit. Vor allem im direkten Vergleich zu anderen Kunden und Projekten komme ich zu dem Schluss, dass sich eine Migration nach ST4 mehr als lohnt.
Welche Erfahrungen haben Sie mit bloXedia gemacht? Arbeiten Sie erfolgreich damit oder planen Sie ebenfalls den Wechsel zu einem „eingleisigen“ System? Lassen Sie uns darüber diskutieren!