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Taxonomien spielen in der Technischen Dokumentation eine wichtige Rolle. Sie legen den Grundstein für das Contentmanagement mit Wiederverwendungen oder Variantenmanagement und auch für Automatisierungen und Content-Delivery sind sie ein Muss. Grund genug sich Taxonomien genauer anzuschauen und zu klären, wo wir Taxonomien finden oder unsere eigenen Taxonomien im Contentmanagement-System anlegen können.
Was sind Taxonomien und wozu werden sie genutzt?
Taxonomien bilden eine Begriffshierarchie von Kategorien und Unterkategorien zu einem bestimmten Themenbereich ab – immer vom Allgemeineren zum Spezifischen. Zwischen Oberbegriffen und Unterbegriffen werden also hierarchisch strukturierte Verwandtschaftsbeziehungen dargestellt – quasi ein Stammbaum für Begriffe, der sich immer weiter verzweigt.
Diese strukturierte Darstellung kann Antworten auf Fragen liefern wie „In welche Fahrzeugkategorie gehört das Fahrrad?“. Abbildung 1 zeigt als Beispiel die Taxonomie Fahrzeuge aus dem ECLASS-Standard und die Einsortierung des Fahrrads.
Taxonomien werden auf verschiedene Art und Weise eingesetzt: Als Teil der Produktstammdaten sind sie wertvolle Informationen für den Einkauf. Für die Digitalisierung des Unternehmens stellen sie z. B. die Basis für einen digitalen Zwilling dar.
Im Contentmanagement-System verwenden wir Taxonomien zur Klassifizierung von Objekten wie Textmodulen mit ausgewählten Eigenschaften (Merkmale als Metadaten).
Was anfangs recht abstrakt klingt, lässt sich dann doch recht einfach herunterbrechen: Durch die Taxonomien z. B. der Produktpalette oder der Zielgruppe für Inhalte lassen sich gezielt Merkmale für Content-Module vergeben. Durch die typische Hierarchie einer Taxonomie lassen sich Module gut einsortieren und voneinander abgrenzen. In Abbildung 2 ist das für Beispieldaten in SCHEMA ST4 gezeigt:
Klingt aufwändig … also wozu das Ganze? Im CMS ist der klassische Verwendungszweck von Taxonomien der Einsatz als Filter z. B. beim Variantenmanagement. Dadurch können aus einem Teilbaum Publikationen für unterschiedliche Produktvarianten erstellt werden, ohne pro Produktvariante ein eigenes Projekt aufzubauen und gleiche Inhalte zu doppeln. Die Informationen können auch zielgruppenorientiert ausgegeben werden, z. B. für den Laien als Endanwender und den Monteur als Experten.
Häufig taucht der Begriff Taxonomie übrigens zusammen mit Terminologie und Ontologie auf. Was hier die genauen Unterschiede sind, haben wir bereits in unserem Blogbeitrag „Terminologie? Taxonomie? Ontologie? – Wo ist da der Unterschied?“ erklärt.
Wo gibt es „fertige“ Taxonomien?
Wer mit Taxonomien im CMS arbeiten will, stellt sich natürlich die Frage: Wo bekomme ich eine passende Taxonomie her? Gibt es die vielleicht schon vorgefertigt?
Ansetzen kann man z. B. beim ECLASS-Standard, dem internationalen Referenz-Datenstandard für die Klassifizierung von Produkten und Dienstleistungen. Der Standard ist vorwiegend für technische Bereiche wie Maschinenbau, Elektronik und Automobil interessant, bietet aber auch eine Vielzahl an weiteren Bereichen. Dort findet man Taxonomien, durch die man sich durchklicken kann. Weitere Ansätze habe ich Ihnen unten verlinkt.
Taxonomien für die eigene Produktpalette sind natürlich sehr individuell. Fertige Taxonomien können also als Orientierungshilfe dienen, wenn man die eigenen Taxonomien manuell im Contentmanagement-System aufbaut.
Wie legt man eigene Taxonomien an und welche typischen Probleme gibt es?
Vor der Taxonomie steht ein Metadatenkonzept, das Sie entwickeln und auch testen müssen. Dieses Konzept spiegelt alle relevanten Merkmale Ihrer Produktpalette wider. Achtung: Vermischen Sie hier keine Merkmale verschiedener Kategorien in einer Taxonomie!
Ein Beispiel: In der Produktpalette von Firma X gibt es verschiedene Produktvarianten zu einer Serie von Funkgeräten. Einige Produktvarianten können auch in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden und sind damit ATEX-Produkte. Das Merkmal „Produkt“ und das Merkmal „ATEX“ sollten im CMS in getrennten Taxonomien verwaltet werden, weil für ATEX-Produkte z. B. in der Dokumentation andere Inhalte erforderlich sind.
Möglicherweise berücksichtigen vorhandene Klassifikationen in Ihrem Unternehmen diese wichtige Trennung von Kategorien nicht und stecken mehrere Kategorien in einen „Topf“. Für das Contentmanagement sind solche „Eintopf-Klassifikationen“ nicht hilfreich – vor allem mit Blick auf zukünftige Anforderungen wie Workflows oder Content Delivery, also moderner Dokumentation. Prüfen Sie daher Ihre Klassifikation gründlich. Manchmal kann beim Erstellen von Taxonomien auch ein frischer Blick von außen hilfreich sein – wir helfen Ihnen dabei gerne.
Ein weiterer Fallstrick beim Anlegen eigener Taxonomien ist die Überverwaltung, also eine zu feine Aufteilung beim Versuch, Merkmale möglichst vollständig abzubilden und nicht nur nach den konkreten Bedürfnissen zu gehen. Hier gilt es, ein gesundes Maß zu finden.
Ich habe Ihnen zum Schluss noch ein paar interessante Links zusammengestellt. Hier finden Sie fertige Taxonomien oder Richtlinien für die Erstellung von eigenen Taxonomien:
- iiRDS als Standard für intelligente Informationen
- SKOS (Simple Knowledge Organization System): W3C-Standard, der eine gemeinsame Sprache und Methodik für die Erstellung und Verwaltung von Taxonomien und Thesauri bietet.
- ISO 25964 Information and documentation — Thesauri and interoperability with other vocabularies: Die Norm behandelt Schlüsseleigenschaften von Taxonomien, verschiedene Typen und geht auch auf Ontologien und Terminologie ein.
- ANSI/NISO Z39.19 Guidelines for the Construction, Format, and Management of Monolingual Controlled Vocabularies
Verwenden Sie Taxonomien in Ihrem Contentmanagement-System, und welche Erfahrungen oder Probleme haben Sie damit?