Inhaltsverzeichnis
„Neue Prioritäten, neue Chancen“ war das Thema der tekom Frühjahrstagung 2023 letzte Woche in Würzburg. Die neuen Anforderungen aus der EU an die Technische Kommunikation boten schon viel Stoff zum Austauschen und Diskutieren, aber natürlich war ein Thema in aller Munde: Künstliche Intelligenz. Auch unsere Branche prüft den Einsatz von ChatGPT und Co. Wir dürfen alle gespannt sein auf die ersten produktiven Anwendungen, die in Würzburg natürlich noch nicht präsentiert wurden.
In diesem Jahr waren für uns Markus, Edgar und Benny vor Ort als Referenten und Besucher. Hier ihre persönlichen Eindrücke zum Event:
Markus Nickl
Nach langer, langer Zeit war ich mal wieder auf einer tekom, nur zum Gucken und Reden – und einen Vortrag halten. Sonst bin ich ja meist viel an unserem Stand, aber dieses Mal war ich einfach nur zum Genießen da. Und zum Genießen gab es vieles. Endlich wieder alte und neue Bekannte treffen und sich rege austauschen. Endlich wieder Vorträge und interessante Denkanregungen. Endlich wieder ein Rahmenprogramm, das den Veranstaltungsort näher bringt (Schlenderweinprobe im Juliusspital – sehr zu empfehlen).
Weniger zum Genießen war das Catering vor Ort: uninspiriertes Essen, sparsame Getränkeauswahl, kein Gebäck für die Kaffeepause – das hat man von der tekom auch schon deutlich besser gesehen. Auch in der Organisation gab es die eine oder andere Holprigkeit, aber ich denke, das wird wieder besser werden, wenn die Tagungen häufiger laufen.
Inhaltlich ging es auf der tekom Frühjahrstagung 2023 wie zu erwarten viel um ChatGPT und KI-Konsorten. Die meisten Stimmen finden die Technologie spannend und hochrelevant, sind aber auch noch ein wenig ratlos, wie sich die neuen Tools in den Redaktionsalltag integrieren lassen. Für mich interessanter fand ich deshalb einige andere Vorträge. Mit dem „Cyber Resilience Act“ (und diversen anderen Norm- und Gesetzesvorhaben) stehen unserer Branche diverse Umbrüche ins Haus, wie Anna Schwendicke vom BSI eindringlich zeigen konnte. Diagrams-as-Code sind ein Weg, wie sich in der code-nahen Software-Dokumentation Grafiken und Flussdiagramme einfach erzeugen lassen – eine Demonstration von Prof Dr. Margit Becher von der Hochschule Hannover. Und: Mit einigen Tricks lassen sich agile Methoden unter dem Radar auch in konventionellen Projekten einsetzen – ein Beitrag von Tino Müller, Paul Böhme.
Insgesamt war die Frühjahrstagung aus meiner Sicht – mit ein paar Abstrichen in der B-Note – durchaus gelungen. Ich freue mich schon auf die Herbsttagung und wer weiß, vielleicht können wir dann über ChatGPT, Dall-E, MidJourney und Llama auch schon mit mehr konkrete Anwendungserfahrungen berichten …
Edgar Hellfritsch
Ich war leider nur einen Tag auf der Frühjahrstagung und das noch als Referent, aber ein paar Vorträge und Gespräche standen für mich trotzdem auf dem Programm.
Mein erster Eindruck: Alle reden von ChatGPT, aber es gibt nur wenig Ideen, was man damit anfangen kann. Ich bin gespannt, wie sich das bis zur Jahrestagung entwickelt.
Bei einem meiner besuchten Vorträge ging es um agile Projekte – sehr spannend, aber in der Praxis scheitert es doch oft daran, dass Kunden gleich zu Beginn wissen wollen, was sie bekommen und vor allem, was es kosten wird.
Die Location in Würzburg war cool, aber das Buffet leider sehr schnell abgetragen.
Benjamin Rauschenberger
Ich hatte bei dieser Frühjahrstagung etwas Zeit für Vorträge. Hier mein Rückblick:
Vorschlag Cyber Resilience Act – Änderungen für Produkte, Dokumentation und Nutzerinformationen
Anna Schwendicke, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
Ein Ausblick auf den Cyber Resilience Act (CRA) der EU-Kommission, der erweiterte Marktzugangsvoraussetzungen bringen wird. Es geht mitunter nicht mehr nur um Safety (Schutz von Mensch und Umwelt, in unserer Doku-Welt ja zwingend erforderlich), sondern auch um Security (Schutz von Daten). Hier kommen also in Zukunft neue Dokumentationspflichten für software- und hardwareherstellende Unternehmen (betrifft alle Produkte mit digitalen Elementen) auf uns zu, um die Cybersicherheit hinsichtlich des kompletten Produktlebenszyklus zu gewähren. Also sehr spannend, was in den nächsten Monaten/Jahren passiert, weil diese Thematik auch spürbare Auswirkungen auf unsere Branche Technische Kommunikation hat.
Genug geredet: Instruktionsvideos – Von der Konzeption bis zur Umsetzung
Florian Kadelbach
Spannend auch das Thema Instruktionsvideos, die wir bei doctima ja auch schon umgesetzt haben: Bewegtbild aus dem Redaktionssystem heraus zur Erhöhung der Usability und auch User Experience im Umfeld passender Zielgruppen und Anwender:innen. Mit der yntro GmbH hat Florian Kadelbach ein Unternehmen gegründet, das sich ganz auf Instruktionsvideos im Bereich der Technischen Redaktion spezialisiert hat. Ein Unternehmen, das in Nürnberg sitzt, aber wie es halt so ist, man muss erst nach Würzburg fahren, um sich kennenzulernen. Es war auf jeden Fall beeindruckend, was im Vortrag als Beispiel vorgestellt wurde. Sicher wird das Thema immer wichtiger, Technische Inhalte, Daten, Anleitungen etc. als Bewegtbild den User:innen anzubieten – vor allem diese schnell, effizient und anpassbar zu produzieren und zu verwalten, natürlich auch im Hinblick auf große Datenmengen, Mehrsprachigkeit und Wiederverwendung.
Anti-Pattern: Vorsicht Falle
Johannes Hauser
Ein weiterer Vortrag, den ich sehr informativ fand. Ausgehend von Design Pattern, also Strategien und Lösungen für Standard- und wiederkehrende Probleme, stehen diesen Anti-Pattern gegenüber. Das sind Handlungsmuster, Verhaltensmuster, Arbeitsweisen und Organisationsstrukturen, die wiederholt auftreten, ein Problem (scheinbar) lösen, aber negative Auswirkungen haben können.
Ein Beispiel von Johannes Hauser war, zu einem verzögerten Projekt werden als Notmaßnahme neue Projektmitglieder hinzugefügt, deren Einarbeitung durch die bisherigen Projektbeteiligten und die im Projekt gemachten Erfahrungen aber den Zeitrahmen noch verschlechtern. Eine oftmals genutzte Notlösung, die nicht unbedingt erfolgreich ist. Davon gibt es viele im Arbeits- und Unternehmensalltag (sowohl in der Technischen Redaktion als auch allgemein).
Sein Appell daher, doch mal aufmerksam sein, wo solche Anti-Pattern eventuell greifen. Und mit dem Bewusstsein, dass sich hinter einer Lösung ein Anti-Pattern verbirgt, kann man diese auch vermeiden. Habe ich für mich mitgenommen und versuche ich jetzt schon anzuwenden.
Ansonsten gab es in Würzburg weitere Vorträge und sehr viele Gespräche über Künstliche Intelligenz (KI) und ChatGPT. Sicher auch ein Thema in der Technischen Dokumentation. Wir werden noch sehen, was da alles auf uns zukommt. Ich bin gespannt! Vielleicht hat ja jemand von euch schon Praxisbeispiele? Das würde mich interessieren.