Gilt der Inhalt nur für Europa oder vielleicht Australien oder doch die ganze Welt? Bei international agierenden Unternehmen spielen die Konventionen und Bestimmungen des Zielmarkts eine große Rolle. Welche Kennzeichnungen müssen auf dem Produkt stehen? Gibt es zusätzliche rechtliche Vorgaben? Welche Produktbezeichnungen kommen in den Zielmärkten gut an? Diese Fragestellungen wirken sich auch auf die Technische Dokumentation aus: Wie kann der Content am besten mit diesen ganzen Zusatzinformationen verwaltet werden?
Zunächst lohnt es sich unter die Lupe zu nehmen, auf welcher Ebene die Unterschiede bestehen und wie groß die Auswirkung auf die Dokumentation ist:
- Technisch oder funktional unterschiedliche Produktvarianten, die sich z. B. wegen der jeweiligen Mindestanforderungen der Zielmärkte unterscheiden
- Rechtliche Anforderungen, die sich je nach Rechtssystem und Gesetze der Zielmärkte unterscheiden können
- Sprachvarianten mit regionalen Unterschieden zwischen Zielmärkten, die sich auf die Übersetzung auswirken.
Oft sind auch die logistischen Rahmenbedingungen entscheidend. Wenn sich so große Unterschiede ergeben, dass man nicht alles in einer Dokumentation unterbringt und die verschiedenen Zielmärkte ohnehin nur einen Teil an Informationen benötigen, ist es sinnvoll, die Inhalte getrennt als Publikation zu erstellen.
Bei anderen Unternehmen ist die logistische Koordination nicht so feingranular vorgesehen. Es muss nicht genau die Anleitung ihren Weg in die Verpackung finden, die nur für bestimmte Zielmärkte gelten. Für viele ist dann der geringstmögliche Aufwand, die unterschiedlichen Inhalte in der Erfassungssprache aufzunehmen und die Gültigkeit der Informationen redaktionell klar zu kennzeichnen. So kann man z. B. zwei separate Tabellen mit Zubehör für den europäischen und für den nordamerikanischen Markt erstellen. Wenn die Inhalte nun in die Übersetzung gegeben werden, werden sie in der finalen Dokumentation in allen Sprachen gleichermaßen ausgegeben.
Bei geringfügigen Unterschieden mag das akzeptabel sein. Überspitzt ausgedrückt: Wer kein Problem mit unnötigen Übersetzungskosten, möglicherweise höheren Druckkosten wegen höherem Platzbedarf und einer weniger zielgruppengerechten Informationsausgabe hat, der hat bereits seine Lösung gefunden – zumindest wenn es um Print geht.
Ein Schritt in Richtung Content Delivery
Wozu sollten sich aber deutschsprachige Anwender:innen Garantietexte für Australien oder die Zubehörliste für USA durchlesen wollen? Es braucht ausgereiftere Lösungen, wenn wir den Content in jeglicher Hinsicht optimieren, smarter in Richtung Content Delivery gestalten und eine digitale Bereitstellung ermöglichen wollen.
Um zur idealen Content-Verwaltung zu gelangen, sind noch ein paar weitere Vorüberlegungen notwendig, denn bei der Umsetzung gibt es keine „one size fits all“-Lösung. Wer jetzt sagt „Ja natürlich mit Metadaten!“, hat schon recht, aber darf für das Gesamtkonzept und die Modellierung im CMS trotzdem nachfolgende Fragestellungen berücksichtigen. Übrigens: Wer zum Thema Klassifizierung gerne noch etwas mehr grundlegenden Input bekommen möchte, findet dazu etwas in unserem Beitrag zu Taxonomie-Basics.
Eine entscheidende Frage ist: Ist die Sprache bzw. Sprachvariante deckungsgleich mit der Vertriebsregion? Beispielsweise ist das der Fall, wenn ins amerikanische Englisch übersetzt wird und die Inhalte für die Zielregion USA/ Nordamerika gelten. Gerade bei den verschiedenen Sprachvarianten des Englischen kann aber Komplexität entstehen, wenn neben Nordamerika auch Großbritannien, Neuseeland, Indien und weitere Länder Zielmärkte sind, in denen Englisch Amtssprache oder auch Handels- und Verkehrssprache ist. Bei einer Sprachvariante, die sich auf mehreren sprachlichen Ebenen wie Grammatik, Orthographie, Wortschatz und Terminologie unterscheidet, lohnt es sich, diese auch technisch als separate Sprache zu behandeln. In SCHEMA ST4 sind so z. B. zwei Aspekte für britisches und amerikanisches Englisch standardmäßig vorgesehen und werden dann auch im Translation-Memory-System separat übersetzt. Das Unternehmen entscheidet dann, ob es mehrere Sprachvarianten einer Sprache pflegt oder nicht. So weit, so gut.
Für weitere Sprachvarianten muss man genau abwägen, ob sich ein weiterer Aspekt lohnt, in dem auch alle Inhalte komplett übersetzt und Daten gepflegt werden müssen, oder ob sich nur eine Teilmenge unterscheidet. Meist kommt jetzt die inhaltliche Ebene ins Spiel, etwa dass bestimmte Texte, z. B. rechtliche Passagen, oder Grafiken wie Produktkennzeichnungen oder Abbildungen von Zertifikaten nur für bestimmte Vertriebsregionen hinzukommen. Diese Inhalte müssen auch nur in bestimmten Sprachen gepflegt werden. Die restlichen Inhalte können sprachlich aus vorhandenen Übersetzungen übernommen werden. Hier ist klar der Vorteil modular aufgebauter Inhalte im CMS nach Baukastenprinzip erkennbar, da Übersetzungen pro Modul verwaltet und gespeichert werden. Diese Informationen lassen sich in ST4 im Übersetzungsreport ablesen.
Neben der grundlegenden Aspektthematik stellen sich noch weitere redaktionelle Fragen, auch im Hinblick auf das Layout:
- Sollen die Inhalte in einer einsprachigen oder auch in einer mehrsprachigen Publikation generierbar sein?
- Sollen ganze Kapitel/ Topics auf Überschriftenebene oder nur bestimmte Fragmente innerhalb eines Kapitels/ Topics nach Vertriebsregion unterscheidbar sein?
Vertriebsregionen und SCHEMA ST4 – Unser Fazit
Die Umsetzung hängt von verschiedenen Faktoren ab und ist je nach Anforderung und Konstellation über verschiedene Wege in SCHEMA ST4 umsetzbar. Daher lohnt es sich, zuerst den Content und die Rahmenbedingungen genauer unter die Lupe zu nehmen, bevor es an eine Umsetzung in ST4 geht. Grundsätzlich gilt: Tiefgreifende Änderungen an der Modellierung sollten nur von ST4-Expert:innen durchgeführt werden.
Welche Anforderungen, Herausforderungen und Erfahrungen haben Sie im Umgang mit Inhalten, die für bestimmte Vertriebsregionen gelten?