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In unserer Reihe zum Lebenszyklus der Terminologie stellen wir Ihnen die verschiedenen Phasen vor, die Sie auf dem Weg zu einer einheitlichen Terminologie durchlaufen. Die verschiedenen Möglichkeiten der Termextraktion haben wir uns dafür bereits angesehen. Doch wie geht es nach der Erhebung weiter? Nach der Erhebung steht die Validierung Ihrer Termkandidaten auf der Tagesordnung.
Extraktion abgeschlossen – und nun?
Sind die Terme einmal extrahiert, müssen wir sie bereinigen und validieren – dabei handelt es sich wahrscheinlich um die aufwendigsten Schritte im Terminologiemanagement. Wir müssen Begriffe recherchieren und ausgiebig prüfen.
Wie das gehen soll? Mit einer guten Portion Terminologie-Wissen und mit Kenntnissen im jeweiligen Fachgebiet. Eine zentrale Rolle bei diesen Schritten spielt der Terminologie-Leitfaden: ein Regelwerk, in dem Prozesse und Methoden z. B. zur Benennungsbildung festgelegt sind. Wenn Sie noch keinen Leitfaden haben, empfiehlt es sich, diesen jetzt auf der Basis Ihrer vorliegenden Extraktionsergebnisse zu erstellen. Ein Leitfaden ist essenziell, weil er Ihnen zukünftig eine konsistente Texterstellung ermöglicht.
Evaluierung der Termkandidaten
Die Evaluierung der Extraktionsergebnisse dient als Vorbereitung für die eigentliche Bereinigung der Termkandidaten. Dazu werden die Begriffe zunächst einmal formal geprüft. Finden sich Tippfehler oder unterschiedliche Schreibvarianten, etwa mal mit und mal ohne Bindestrich? Dann korrigieren Sie diese nach den Regeln, die Sie im Leitfaden festgehalten haben.
Bei der Dublettenprüfung kontrollieren Sie Ihre Termkandidatenliste auf Synonyme und Homonyme. Während Synonyme unterschiedliche Ausdrücke für einen Begriff sind, ist es bei Homonymen genau umgekehrt: Hier handelt es sich um gleiche Ausdrücke für unterschiedliche Begriffe. Das Wort „Tau“ ist ein Beispiel, steht es doch für ein dickes Seil, Flüssigkeitströpfchen oder einen griechischen Buchstaben. Als Kinder nannten wir diese Homonyme einfach „Teekesselchen“. Synonyme und Homonyme sind nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, sondern oft erst in der zeitintensiven Auseinandersetzung mit dem Material. Man muss z. B. erst einmal darauf kommen, dass der „Kontakt“ in der Betriebsanleitung eines Handys vielleicht gar keine eingespeicherte Nummer meint, sondern als Kontaktfläche eine elektrische Verbindung herstellt.
Zuletzt beginnt mit der inhaltlichen Prüfung die richtige Terminologiearbeit, denn nun müssen Benennungen, Begriffe, Kontexte und Definitionen recherchiert und auf Vollständigkeit geprüft werden.
Validierung der Termkandidaten
Wenn Sie die Evaluierung abgehakt haben, müssen Sie bei der Bereinigung der Termkandidatenliste bestimmte Bewertungskriterien für die Benennungen berücksichtigen. Diese Validierungskriterien schließen sich allerdings teilweise gegenseitig aus. So muss man etwa zwischen synonymen Termkandidaten abwägen: Der „Schraubendreher“ entspricht dem Kriterium der Gesetzes- und Normenkonformität, der „Schraubenzieher“ hingegen ist gebräuchlicher.
Bezieht sich „Vorschub“ auf den Vorschubweg oder die Vorschubgeschwindigkeit? Solchen Unklarheiten soll die Eineindeutigkeit von Termen vorbeugen. Die sprachlich-logische Korrektheit schlägt in die gleiche Kerbe der Verständlichkeit: Der Termkandidat „mechanischer Teilekatalog“ wird in einen „Katalog für mechanische Teile“ umgewandelt. Schließlich ist nicht der Katalog mechanisch, sondern die Teile.
Solange die Eineindeutigkeit nicht davon beeinträchtigt wird, liegt die Würze bekanntlich in der Kürze. Der „Bohrschrauber“ ist schlicht griffiger als die „Bohrschraubmaschine“.
Motiviertheit und Transparenz stellen die Anforderung an Terme, möglichst aussagekräftig und genau das Wesen einer Benennung zu beschreiben. Bei einer „Gummidichtschiene“ handelt es sich um eben das: Eine Schiene aus Gummi, die etwas abdichtet.
Ein weiterer Zielkonflikt besteht zwischen den Kriterien Bevorzugung der eigenen Muttersprache und Internationalität. Handelt es sich um ein internationales Unternehmen, ist die Benennung „transparent“ zu bevorzugen, weil sie in vielen Sprachen ähnlich und daher leichter verständlich und übersetzbar ist. Wird dagegen eher auf nationaler Ebene agiert und sollen Fremdwörter im Sinne der Verständlichkeit vermieden werden, bietet sich die Verwendung der Benennung „durchsichtig“ an.
Wenn bereits ein entsprechendes Substantiv als Term vorhanden ist, fordert die Ableitbarkeit die Möglichkeit, eine andere Wortart wie das dazugehörige Verb oder Adjektiv zu bilden, wie z. B. „Überweisung – überweisen“. Das funktioniert nicht immer elegant: Bei „Output – outputten (Partizip geoutputtet?)“ sollten Sie für das Verb besser eine Alternative finden.
Das war nur ein kleiner Einblick in die Anforderungen während der Evaluierung und Validierung von Termkandidaten. Diese und viele weitere Kriterien einzubeziehen, erfordert terminologisches Expertenwissen und viel Erfahrung. Trotzdem handelt es sich oft um individuelle und situationsabhängige Ermessensentscheidungen, diese aber mit längerfristigen Konsequenzen. Wenn Sie unsicher sind bei der Bewertung, dann setzen Sie auf externe Beratung. Unabhängige Augenpaare können Ihnen bei der Evaluierung und Validierung helfen. Sprechen Sie uns gerne an!