Inhaltsverzeichnis
Wir freuen uns sehr, im heutigen Blogartikel die Gewinnerin unseres Nachwuchspreises zur Beruflichen Kommunikation vorstellen zu können: Patrizia Brosi. Ihre ausgezeichnete Arbeit beschäftigte sich mit der Frage, ob und wie sich Sprechangst mit Hilfe von Yoga mildern lässt. Patrizia Brosi ist Sprecherzieherin (DGSS) und Yogalehrerin (500 RYT). Ihre Master-Arbeit hat sie ihm Rahmen ihres Studiums „Speech Communication and Rhetoric“ an der Universität Regensburg verfasst. Sie lebt und arbeitet in Zürich.
Noch einmal Herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung und Bühne frei und das ohne Lampenfieber.
Angebotslücke als Ausgangslage
«Das menschliche Gehirn ist eine großartige Sache. Es funktioniert von der Geburt an – bis zu dem Zeitpunkt, wo du aufstehst, um eine Rede zu halten.» – Mark Twain
Was Mark Twain vor über 100 Jahren konstatierte, ist bis heute aktuell geblieben: Sprechangst ist die in der deutschsprachigen Gesellschaft verbreitetste Form der Sozialangst. Während sie sich in den unterschiedlichsten Formen zeigt – der eine bekommt «weiche Knie», die andere hat einen «Kloß im Hals», einem Dritten schlägt das Herz zu fest – ist doch eines typisch für die Sprechangst: Niemand ist vor ihr gefeit.
Sprechangst, umgangssprachlich Lampenfieber genannt, ist ein weit verbreitetes Phänomen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass allgemeine Rhetorik-Seminare Sprechängste kaum vermindern. Vielmehr braucht es spezifische, auf die Bedürfnisse der Betroffenen zugeschnittene Angebote. Sprechtrainings solcher Art existieren im deutschsprachigen Raum bislang nur selten. Meine Master-Arbeit sollte dies ändern.
Literaturstudien zu den Themen Stress, Angst, Sprechangst und Yoga
Das Ziel meiner Arbeit war, auf der Basis aktueller Erkenntnisse der Sprechangstforschung, ein Training zur Reduktion von Sprechangst zu entwickeln. Mein Anspruch lag dabei in der Erzielung von nachhaltigen Trainingseffekten. Als hinsichtlich der Reduktion von Sprechangst bisher ungenutzte Methode habe ich Elemente des Haṭha-Yoga hinzugezogen – der heute verbreitetsten Yoga-Form. Grundlage der Arbeit bildet die allgemeine Hypothese, dass Yoga nachhaltig hilft, Sprechangst abzubauen.
Mittels Literaturstudien zu den Themen Stress, Angst und Sprechangst wurde deutlich, dass integrative Verfahren Sprechängste deutlicher vermindern als einzelne Methoden. Weiter hat sich gezeigt, dass Sprechangst auf der Basis kognitiver Bewertungsprozesse entsteht und dass sie hinsichtlich ihrer Ausprägung mit anderen Stresssituationen übereinstimmt.
Anhand einer Literaturstudie zum Thema Yoga wurde deutlich, dass es sich beim Yoga per se um einen mentalen Übungsweg handelt, der bei regelmäßiger Praktizierung langfristig Stress vermindern kann. Dementsprechend konnte die eingangs gestellte Hypothese „Yoga hilft, nachhaltig Sprechangst abzubauen“ untermauert werden.
Die Ergebnisse der Literaturstudien flossen im dritten Teil der Arbeit in einem sprechwissenschaftlich und sprecherzieherisch fundierten Training mit Haṭha-Yoga-Elementen zusammen.
Trainingskonzeption als Resultat
Die einzelnen Methoden für das integrative Training wählte ich nach den Kriterien «theoretisch fundierte Wirksamkeit», «praktische Handhabung in der Gruppenarbeit» und «Zieldienlichkeit» aus. Der Aufbau und die Dramaturgie des Trainings basieren auf wissenschaftlicher Literatur, die einen stark zielgerichteten und transferorientierten Ansatz vertritt.
Weil hinsichtlich konkretem zeitlichem Ablauf Divergenzen in der Literatur bestehen, habe ich das Training sowohl als mehrwöchige Veranstaltung als auch als Blockseminar konzipiert. Dies bringt den Vorteil mit sich, dass die Zielgruppe zwischen den Angeboten auswählen kann. Das Langzeittraining erstreckt sich über sieben Sitzungen mit einwöchigen Abständen hinweg, wobei jede Sitzung 150 Minuten dauert. Das Blockseminar ist als Drei-Tages-Seminar konzipiert, das sich über zwei Wochenenden erstreckt. Beide Trainingsvarianten richten sich an eine klar definierte Zielgruppe, die ihre Sprechangst aktiv konfrontieren und langfristig abbauen möchte. Ziel des Trainings ist, dass sich die Teilnehmenden ihrer Sprechkompetenz bewusstwerden, und sicher und selbstbewusst vor einem Publikum sprechen können.
Konkrete Umsetzung in Praxis
Unter dem Titel „Speech Empowerment – Vom Lampenfieber zur Sprechkompetenz“ konnte ich das Training im Herbst 2021 zum ersten Mal umsetzen. Acht Teilnehmende haben während sieben Wochen dank verschiedenen Sprech-, Atem- und Körperübungen gelernt, ihre Aufregung in Schach zu halten und sie zum Positiven zu nutzen. Das Selbststudium mit zur Verfügung gestellten Audio- und Videoaufnahmen sowie der Erfahrungsaustausch in der Gruppe haben den Lernprozess unterstützt.
Die durchgehend positiven Feedbacks haben gezeigt, dass der Transfer in die Praxis gelungen ist. Im Jahr 2022 werde ich das Training zum «Speech Empowerment» an verschiedenen Daten und Standorten durchführen, sowohl als Langzeitvariante als auch als Blockseminar.