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Vor zwei Monaten haben wir unseren Nachwuchspreis Berufliche Kommunikation gemeinsam mit der Gesellschaft für Angewandte Linguistik verliehen. In diesem Jahr gab es eine Besonderheit: Neben einer Dissertation wurde zusätzlich eine studentische Arbeit mit einem Sonderpreis ausgezeichnet. Alexa Wenisch hat ihre Bachelorarbeit über den Gebrauch der englischen Sprache in internationalen Konzernen geschrieben. Wir freuen uns, dass sie ihre Arbeit nun hier im Blog vorstellt, und wünschen ihr weiterhin viel Erfolg bei ihrer Ausbildung!
„Heutzutage ist Englisch Grundvoraussetzung in fast jedem Unternehmen.“ An diesen Fakt hat sich mittlerweile jeder gewöhnt. Doch was heißt das für verschiedene Positionen in unterschiedlichen Branchen und Unternehmen? Und stimmt das überhaupt?
Meine Arbeit ist eine Case Study, die genau diese Frage zu beantworten versucht. Die leitende Forschungsfrage dabei ist „Wann, von wem und für welche Zwecke wird die englische Sprache im Wiener Büro der Firma Danone verwendet?“. Außerdem werden Implikationen für Stakeholder wie beispielsweise zukünftige Angestellte diskutiert. Diese Implikationen können teilweise auch auf andere Firmen und Industrien übertragen werden, insbesondere wenn andere Forschungsarbeiten mitberücksichtigt werden. Diese Erkenntnisse sollen als Leitfaden für alle jene dienen, die in einem internationalen Konzern arbeiten (möchten) oder mit einem internationalen Konzern zusammenarbeiten (möchten).
Eine Live-Untersuchung bei Danone
Da meine Bachelorarbeit eine Case Study aus der Industrie der täglichen Verbrauchsgüter (FMCG) ist, trägt sie primär zu der Forschung im Bereich Englisch als Arbeitssprache (English as Business Lingua Franca – BELF) in der FMCG-Industrie bei. In diesem Feld gibt es eine begrenzte Anzahl an Forschungsbeiträgen, da der Zugriff auf Informationen aus erster Hand beschränkt ist (welche Firma hat schon Zeit, wertvolle Arbeitsstunden zu verschwenden, um neugierige Fragen zu beantworten?) und das Forschungsfeld relativ neu ist. Aufgrund meines Praktikums bei dem FMCG-Unternehmen Danone habe ich gute Kontakte in das Wiener Büro und konnte Interviews mit Personen in verschiedenen Funktionen führen.
Das Wiener Büro von Danone ist relativ klein – Ende 2018 haben ca. 28 Vollzeitangestellte in Wien gearbeitet. Dennoch ist das Büro sehr international. Ein Grund dafür ist, dass das slowenische Team Teil des Wiener Büros ist. Ein zweiter Grund ist, dass Österreich organisatorisch mit der Schweiz zusammengelegt wurde. Ich habe sechs Personen aus verschiedenen Unternehmensfunktionen interviewt. Alle Gespräche wurden auf Englisch geführt und die Arbeit auch auf Englisch verfasst.
Karriere auf Englisch
In meiner Arbeit habe ich festgestellt, dass jede Person und jede Funktion im Büro Englisch verwendet. Der Hauptgrund dafür ist, dass jeder Kontakt mit zumindest einer Person hat, die entweder nicht dieselbe Sprache spricht oder English bevorzugt. Oft sind genau diese Personen strategisch wichtige Schnittpunkte, wie beispielsweise der Abteilungsleiter für Logistik. BELF wird also verwendet, wenn es keine andere geteilte Sprachbasis gibt. Dies gilt für alle Formen der Kommunikation innerhalb der Firma (persönliche als auch unpersönliche Kommunikation), als auch für externe Kommunikation mit Kunden oder Lieferanten.
In meiner Case Study konnte ich einen Unterschied in der Häufigkeit des Englischgebrauchs zwischen verschiedenen Positionen feststellen. Einige Positionen haben sehr viel internen oder externen Kontakt mit Personen, die kein Deutsch sprechen, andere deutlich weniger. Eine Position näher an der Unternehmensbasis schließt starken Englischgebrauch nicht aus. Eine hohe Position in der Unternehmenshierarchie verlangt aber danach. Gehobene Positionen gehen oft mit Verantwortung für mehrere Länder einher, weshalb der Prozentsatz an Kommunikation in Englisch häufig mit Beförderungen ansteigt.
Was implizieren diese Ergebnisse nun? Für Firmen bedeutet dies, dass Englischkenntnisse ein wichtiges Kriterium bei der Personalsuche sein sollten. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sollten ja untereinander kommunizieren können. Für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie Lieferanten zeigen meine Ergebnisse, dass zumindest die grundlegende Konversationsfähigkeit in Englisch gegeben sein muss. Wer Karriere in einem internationalen Konzern machen möchte, sollte allerdings fließend auf Englisch kommunizieren können.
Englisch oder Deutsch? – Beides!
Trotz des starken Fokus auf Englisch ist aus meinen Daten und auch meiner Erfahrung klar hervorgegangen, dass für einige Positionen die lokale Landessprache unumgänglich ist. Viele dieser Positionen finden sich im Vertrieb, beispielsweise das Key-Account-Management. Da diese Rolle tägliche und umfangreiche Kommunikation mit Kunden, sowie wiederkehrende, komplexe Verhandlungen verlangt, muss jede Key-Account-Managerin und jeder Key-Account-Manager in Wien fließend Deutsch sprechen. Im Wiener Office von Danone waren diese Positionen zum Zeitpunkt meines Praktikums sogar ausschließlich von deutschen Muttersprachlern besetzt.
Allerdings kommen auch diese Positionen nicht ohne exzellente Englischkenntnisse aus. Das gleiche gilt für Rollen im Marketing. Für diese Funktion ist die lokale Sprache wichtig, da Werbung und Produktdesign die lokale Sprache voraussetzen. Außerdem ist ein umfassendes lokales Marktwissen von Vorteil. Da Produktmanager aber auch regelmäßig mit sehr hohen und internationalen Funktionen sprechen und beraten, ist auch hervorragendes Englisch unerlässlich.
Vertrieb und Marketing zeigen, dass vor allem die Kombination aus Muttersprache und Englisch die beruflichen Chancen erhöht und viele Türen öffnet. Nach meiner Bachelorarbeit kann ich jetzt mit Sicherheit sagen „Heutzutage ist Englisch Grundvoraussetzung für fast jedes Unternehmen“.
Über die Autorin:
Alexa Wenisch hat in diesem Jahr ihren Bachelor in Business Administration in Wien abgeschlossen und macht nun ihren Master in International Managment in Irland.
Mit 22 Jahren hat sie bereits in sechs verschiedenen Ländern gelebt. Durch den Austausch mit internationalen Studenten und ihre Arbeitserfahrungen in unterschiedlichen Konzernen verfügt sie über viele Erfahrungen in der interkulturellen Kommunikation.
2019 hat sie sich mit ihrer Bacherlorarbeit zum Thema „English as a Business Lingua Franca – a Case Study from the FMCG Industry in Austria” für den Nachwuchspreis Berufliche Kommunikation beworben, der von der Gesellschaft für Angewandte Linguistik und doctima alle zwei Jahre vergeben wird. Ihre Arbeit wurde mit dem Sonderpreis für studentische Arbeiten ausgezeichnet.