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Ich muss zugeben, dieses Buch liegt schon seit längerem zur Rezension bei mir auf dem Schreibtisch. Das hat zwei Gründe: Zum einen bin ich vermutlich nicht die richtige Zielgruppe. Wenn man seit fast zwanzig Jahren erfolgreich ein Unternehmen leitet, dann sind grundlegende Fragen der Unternehmensführung nicht unbedingt die Themen, die die höchste Priorität haben. Und zum anderen hat mich auch die Autoren-Biografie nicht unbedingt angesprochen; das klang mir zu sehr nach New Economy, nach „brillantem“ Start-up-Schwätzer und „Ich mache euch alle reich“.
Und wie war es?
„Aber man kann ja immer dazulernen“, habe ich mir gedacht. Und ich muss sagen, ich habe es zumindest nicht bereut, das Buch gelesen zu haben. Im Kern dreht es sich darum – so viel will ich hier vom Inhalt verraten -, das buchhalterische Denken umzudrehen. Während man traditionellerweise sagt: Umsatz -Kosten = Gewinn, stellt Michalowicz die Formel auf den Kopf und definiert Umsatz – Gewinn = Kosten. Mathematisch ist das äquivalent; es macht aber trotzdem einen Unterschied. Denn bei der klassischen Sichtweise ist der Gewinn das, was am Ende (hoffentlich) übrigbleibt. Der Fokus liegt also auf dem Umsatz und die Kosten werden so lange dazu neigen sich dem Umsatz anzugleichen, bis kein Gewinn mehr übrig bleibt. Kehrt man die Formel um, dann heißt das: Setze den Gewinn als fix und gestalte die Kosten so, dass der Gewinn erhalten bleibt.
Klar, das ist kein wirklich neuer Gedanke. Aber ich habe ihn bisher selten so deutlich ausformuliert gesehen; das muss man Michalowicz zugutehalten. Und er hat diesen Gedanken konsequent zu Ende gedacht und bis auf konkrete Maßnahmen heruntergebrochen. Im Prinzip kann man also gleich loslegen. Und das ist auch, was Michalowicz dem Leser (nicht nur einmal) empfiehlt.
Ja, aber …
Und jetzt komme ich zum großen Manko dieses Buches. Das Buch ist sehr amerikanisch. Und wenn ich sehr amerikanisch sage, dann meine ich sehr, sehr, SEHR amerikanisch. Dem Verlag kann hier keinen Vorwurf machen; tatsächlich hat er sogar versucht, das Buch an deutsche Gegebenheiten anzupassen. Dennoch war es letzten Endes dieser „Jeder kann es schaffen“- und „Ich mache euch alle reich“-Tonfall, den ich schon vorher befürchtet hatte. An manchen Stellen kam ich mir so vor, als sei ich in einem Homeshopping-Kanal gelandet – „mit echten Zirkonen!“
Das mag im amerikanischen Original nicht weiter stören; die Tonalität im Marketing ist in den USA einfach plakativer. Im Deutschen hat das auf mich allerdings unseriös gewirkt. Und mal ganz ehrlich, möchte man seine Firmenfinanzen auf eine Idee abstellen, die man für unseriös hält?
Für wen ist das etwas?
Wie schon gesagt: Ich würde mich nicht trauen, meine berufliche Existenz auf diese Basis zu stellen. Wenn man allerdings am Anfang seiner selbständigen Laufbahn steht, kann man das durchaus anders sehen. Oder wenn man generell auf „Tschakka“-Rufe in seinem Business steht. Denn rein inhaltlich habe ich nichts auszusetzen. Die Botschaft glaub ich wohl, allein mir fehlt das Vertrauen.
Literatur: Michalowicz, Mike: Profit First. Ein einfaches System, jedwedes Unternehmen von einem kapitalfressenden Monster in eine Geldmaschine zu verwandeln. budrich Inspirited, Opladen / Berlin / Toronto ISBN 978-3-8474-0672-3
Hinweis: Das hier besprochene Buch wurde uns vom Verlag kostenfrei als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Der Verlag hat keinerlei Einfluss auf den Inhalt dieser Besprechung genommen.