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Auf den letzten Beitrag bekamen wir eine Menge Zuspruch und Ermunterung auf Linkedin, Twitter und XING. Vor zwei Wochen haben wir uns ja hauptsächlich grafische Tricks und Layoutfragen angesehen. Daneben gibt es aber auch eine ganze Reihe von Tricks auf allen sprachlichen Ebenen, mit denen sich durch Unverständlichkeit kommunikative Ziele ertricksen lassen.
Noch ein Wort vorab: Je besser diese Tricks gemacht werden, desto schwerer lässt sich nachweisen, ob der Effekt beabsichtigt ist, zufällig erzielt wird oder auf der einfachen Unfähigkeit beruht, Texte einfach und verständlich zu schreiben. Aber dass diese Tricks auch bewusst eingesetzt werden, daran lässt sich kaum zweifeln.
Textsortenmerkmale
Textsorten erkennen wir an diversen Merkmalen, z. B. Layout, Sprachstil, Einbettung in Handlungszusammenhänge und Kombination mit ergänzenden Textsorten. In fast perfekter Weise nutzen Handelsregister-Scammer diese Merkmale aus, um Existenzgründer um ihr Geld zu erleichtern. Der Trick besteht darin, dass sie nach der Anmeldung im Handelsregister ein Schreiben faxen oder schicken, das im typischen Behörden-Deutsch formuliert ist und als Ergänzung einen Überweisungsvordruck beigelegt hat. Dadurch entsteht der Eindruck, dass des eine offizielle Zahlungsaufforderung ist. Viele Gründer dürften auf diese Betrugsmasche hereinfallen. Schöne Beispiele von solchen Anschreiben finden sich übrigens auf fuer-gruender.de.
Satz- und Textlänge
Überlange Texte sind natürlich hervorragend geeignet, um missliebige Informationen vor dem Benutzer zu verstecken. Auch in den Reaktionen auf den ersten Beitrag zu diesem Thema sind vielen die sogenannten EULAs eingefallen. Das Prinzip funktioniert aber auch mit Sätzen.
Manche Texte sollen aufklären, stammen aber aus einem juristischen Umfeld mit den entsprechenden Bandwurmsätzen. In einem Fondsprospekt habe ich z. B: folgendes (anonymisiertes) Monstrum mit 47 Wörtern gefunden:
„Der Teilfonds strebt Kapitalwachstum vornehmlich durch Anlagen in Aktien und aktienähnlichen Instrumenten an, die ein Engagement in Unternehmen bieten, die ihren Geschäftssitz in den Schwellenländern, insbesondere Ländern in Lateinamerika, Südostasien, Afrika, Osteuropa (einschließlich Russland) und im Nahen Osten haben oder dort den überwiegenden Teil ihrer Geschäftstätigkeit ausüben.“
Alles klar? Dann steht Ihrer Investitionsentscheidung ja nichts mehr im Weg.
Struktur-Tricks
Texte haben bestimmte Strukturen und mit diesen kann man Leser manipulieren. Ein einfaches Beispiel sind Tweets folgender Art: „Gefahr für Hundebabys in Hamburg. Warum kann kein (und hier folgt ein Link)“. Wir können solche unvollendeten Sätze kaum ertragen und klicken dadurch häufiger auf den Link, als wenn wir wüssten, was uns an der verlinkten Stelle erwartet. Das heißt, wie ich die Beziehung zwischen Ausgangstext (Tweet) und verknüpftem Text (Webseite) aufbaue, manipuliert die Interaktionsbereitschaft des Lesers.
Ähnlich funktioniert das in dieser Bannerwerbung:
Wenn Sie jetzt denken, dass der Link auf „Datenschutzinfo“ auch wirklich zu Datenschutz informiert, dann sind Sie in die Falle getappt. Denn tatsächlich öffnet sich eine Vermarktungsseite für Googles Adsense.
Über die Beschriftung des Links werden also Erwartungen geweckt, die dann nicht eingehalten werden. Denn „Kaufen Sie hier“ ist alles andere als eine Datenschutzinfo.
War das alles?
Vielleicht: Tatsächlich gibt es noch eine Menge von Beispielen, wie Sprache manipulativ verwendet wird (warum muss ich jetzt an Politik denken?). Mich würde aber interessieren, was unseren Lesern und Leserinnen untergekommen ist. Die interessantesten Beispiele würde ich dann (zusammen mit weiteren eigenen) in Folgeposts hier vorstellen.