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Ein Lehr- und Arbeitsbuch also. Zeit war es dafür eigentlich schon längst, denn über das Internet wird in der Linguistik schon seit über 20 Jahren publiziert (mein erster Aufsatz dazu entstand 1995 im mittlerweile lange vergriffenen „Kursbuch Internet“). Aber wird das Buch dem Anspruch gerecht?
Was bietet das Buch?
„Internetlinguistik“ von Marx und Weidacher ist eine – das soll hier schon einmal verraten werden – durchaus gelungene Einführung für Linguistik-Forschende, die sich mit diversen Aspekten des Internets beschäftigen möchten.
Mutig ist es, das Buch mit Methodik zu beginnen. Aus Sicht des Wissenschaftlers gehört das klar zu den Grundlagen. Aber gleichzeitig ist das Kapitel auch ein harter Brocken, der den Einsteiger erst einmal mit einer steilen Lernkurve überrascht. Immerhin, wenn man damit durch ist, hat man das Schwerste erst einmal hinter sich.
Danach beleuchtet das Lehrbuch sämtliche sprachlichen Aspekte des Internets. Für Nicht-Linguisten mag die Unterscheidung zwischen „Medientheorie“, „Sprache im Internet“, „Pragma-Internetlinguistik“ und „Textlinguistik und das Internet“ auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar sein. Sie bietet aber tatsächlich einen besseren Rahmen als z. B. bei den verschiedenen Plattformen anzusetzen.
Das Layout des Buches ist übersichtlich aufgebaut und erleichtert den Einstieg an unterschiedlichen Stellen. Kästen und Abbildungen bieten einen anschaulichen Zugang zu den Inhalten. Und immer wieder wird das Buch von Arbeits- und Diskussionsaufgaben aufgelockert, die wirklich zum Mitarbeiten anregen.
Was leistet das Buch nicht?
Allzu oft streift das Buch nur Themen; moderiert sie an, ohne in die Tiefe zu gehen. Bei etwa 200 Seiten Umfang kann man das auch nicht erwarten. Tatsächlich ist das sogar ein gutes Zeichen: Die Informationen sind spannend dargestellt und laden zur weiteren Beschäftigung ein. Und die Verfasser machen es den Lesern einfach, indem sie immer wieder Lesetipps zur vertiefenden Lektüre geben.
Enttäuscht werden von „Internetlinguistik“ all diejenigen sein, die sich Stiltipps oder Schreibregeln erwarten. In einer linguistischen Einführung kann und sollte man solches Rezeptwissen allerdings auch nicht erwarten. Tatsächlich glaube ich, dass vereinfachende Stilregeln ohne ein fundiertes Grundlagenwissen sogar schädlich sein können.
Lohnt sich das Buch auch für Praktiker?
Viele der Phänomene, die in „Internetlinguistik“ beschrieben werden, sind uns als Praktikern vertraut, manchmal vermutlich sogar mehr als den Autoren. Aber. Durch die konsequente Spiegelung mit der wissenschaftlichen Theorie erhält man einige wertvolle Anregungen. Man lernt einen Bezugsrahmen kennen, der plötzlich Ähnlichkeiten und Unterschiede deutlich werden lässt, die sonst im Chaos der ständig neuen Entwicklungen verschwinden. Man erhält dadurch ganz nebenbei hervorragendes Argumentationsmaterial, um plumper Medienkritik („Im Internet lesen die Leute nichts mehr”, „Internetnutzer haben keinen Bezug zur realen Welt“ etc.) den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Am meisten Nutzen habe ich aber ehrlich gesagt aus dem Methodenkapitel gezogen. Denn auch wenn wir uns das manchmal nicht so bewusst machen: Auch wir bauen Korpora auf, verwenden Tweets in Schulungsunterlagen, erstellen Screenshots von Facebook-Profilen oder speichern ein Chatprotokoll ab. Hier zeigen Weidacher und Marx recht anschaulich, was legal ist und was moralisch vertretbar. Etwas, das man sich angesichts der jüngsten Skandale rund um Forschung im Internet gar nicht oft genug in Erinnerung rufen kann.
Hinweis: Das hier besprochene Buch wurde uns vom Verlag kostenfrei als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Der Verlag hat keinerlei Einfluss auf den Inhalt dieser Besprechung genommen.
Literatur: Marx, Constanze/Georg Weidacher [2014]: Internetlinguistik. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. Narr Verlag, Tübingen ISBN 978-3-8233-6809-0
Linguistik ist die Erforschung der Sprache und des Sprachgebrauchs – insofern erschließt sich mir nicht, wieso Legalität oder moralische Vertretbarkeit linguistische Kriterien für eine erkenntnisorientierte Analyse sein sollen.
Ohne das Buch zu kennen, stört mich bereits der Titel “Internetlingusitik”, da er zumindest die gängigen Erkenntnisse zu “Medium” und “Kommunikationsform” (siehe hierzu insbesondere die Publikationen von Werner Holly und Stephan Habscheid) auszublenden scheint und eine Sprache “hinter” oder zumindest “auf” der technisch-medialen Basis vernetzter Computer vermutet. Das aber ist längst widerlegt.
Wer von “Internetlinguistik” redet,sollte beispielsweise auch “Postlinguistik”, “Fernsehlinguistik” oder “Druckerzeugnislingustik” in Betracht ziehen, wenn es um die Betitelung wissenschaftlicher Werke geht.
[…] „‘Internetlinguistik‘ von Marx und Weidacher ist eine durchaus gelungene Einführung für Linguistik-Forschende, die sich mit diversen Aspekten des Internets beschäftigen möchten. (…) Das Layout des Buch ist übersichtlich aufgebaut und erleichtert den Einstieg an unterschiedlichen Stellen. Kästen und Abbildungen bieten einen anschaulichen Zugang zu den Inhalten. Und immer wieder wird das Buch von Arbeits- und Diskussionsaufgaben aufgelockert, die wirklich zum Mitarbeiten anregen. (…)Die Informationen sind spannend dargestellt und laden zur weiteren Beschäftigung ein. (…) Durch die konsequente Spiegelung mit der wissenschaftlichen Theorie, erhält man [auch als Praktiker] einige wertvolle Anregungen.“ Die vollständige Rezension finden Sie hier: https://blog.doctima.de/2014/07/rezension-zu-marxweidacher-internetlinguistik/ […]