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Zugegeben: Auch wenn ich als Linguist bereits die eine oder andere Erfahrung mit Terminologie-Management gemacht habe. Bei vielen Aspekten kann ich immer noch dazu lernen. Deshalb war ich mehr als gespannt, was mir der 12. Deutsche Terminologie Tag in Heidelberg an neuen Einsichten eröffnen würde. Wie sehen die optimalen „Workflows“ aus, welche „Best Practices“ haben sich herausgebildet, was tut sich in der Tool-Landschaft – eine Menge Fragen, die ich mit im Gepäck hatte.
Beim Eintreten in den Saal gab es die erste Überraschung: Ich hatte eine eher intime Veranstaltung erwartet, aber der Saal war voll bis zum Überlaufen. Und in der Tat, der Vorstand Mark Childress bestätigte meine Vermutung: Die diesjährige Teilnehmerzahl übertraf vorherige Veranstaltungen um das Zehnfache. Ein weiterer Beweis dafür, wie sehr das Interesse an diesem Bereich in den letzten Jahren gestiegen ist. Doch was sind die neuen Trends? Im Folgenden ein kleiner Überflug über die (meiner Ansicht nach) spannendsten Themen.
Unternehmenskonkurrenz: Wissen ist Macht
Produktentwicklung stellt eine kritische Phase eines jeden Unternehmens dar: allzu oft verschafft sich die Konkurrenz Zugang zu Bauteilplänen, Produktkonzepten und Verfahrensweisen. Um dies zu verhindern, verwenden Unternehmen manchmal Termini strategisch falsch (oder entwickeln falsche Termini). Dies führt in der Konsequenz zu noch ungenaueren Terminologie-Beständen, was für die Terminologen wiederum schnell zum Albtraum werden kann.
Eine andere strategische Entscheidung, die viele Unternehmen treffen: die grundsätzliche Verheimlichung ihres Terminologie-Managements. Um den Zugriff auf Terminologie-Bestände zu erschweren, bestreiten sie sämtliche Terminologie-Bemühungen und verheimlichen eingesetzte Softwarelösungen.
Motivation
Motivation war auch ein Thema im Symposion. Wenn die Motivation auf dem Tiefstand steht, droht Gefahr für Einheitlichkeit und Genauigkeit in der Terminologie. Es lässt sich feststellen: Um effektiv ein Terminologie-Management-Projekt durchzusetzen, müssen alle Beteiligten davon überzeugt sein, dass diese Arbeit nicht nur sinnvoll, sondern notwendig für die Wissensentwicklung eines Unternehmens ist. Darüber hinaus brauchen alle Beteiligten sowohl fachliche als auch psychologische Unterstützung von den Projektzuständigen, um einen hohen Motivationsgrad aufrechtzuerhalten.
Perfektionismus? In Grenzen halten!
Obwohl es selbstverständlich ausschlaggebend ist, sich in der technischen Dokumentation so präzise, klar und knapp wie möglich auszudrücken, kann Perfektionismus im Bereich Terminologie-Management genauso viel schaden, wie es nützt. Sobald ein Terminologie-Kreis (d. h. die für die Terminologie-Besprechung und –freigabe Zuständigen) einen umstrittenen Terminus übermäßig diskutieren muss, kann es für ein Unternehmen schnell teuer werden. Wenn z. B. fünf Mitarbeiter einen Terminus nur eine Stunde besprechen müssen, kostet dies das Unternehmen bereits einen dreistelligen Betrag; aufsummiert auf ein Jahr kann daraus leicht eine fünfstellige Summe werden. Also sollten Mitarbeiter des Terminologie-Kreises sich bemühen, schnell Kompromisse zu schließen, um nicht auf nutzlose und langwierige Diskussionsabwege zu geraten.
Terminologie als Ding an sich
Nein, nicht im Kant’schen Sinne des Wortes, sondern Terminologie als Produkt, als Ware, als gekaufte bzw. verkaufte Einheit. Im Laufe der Veranstaltung wurde immer wieder deutlich, wie konkret – ja, fast „anfassbar“ – die Idee von Terminologie geworden ist. Und nicht nur in Terminologie-Fachkreisen, sondern auch in der Unternehmensstruktur: Immer mehr Unternehmen halten Terminologie-Management für unentbehrlich. Sie betrachten die Datenbestände und -verwaltung als finanzielles und intellektuelles Gut, bis hin zur Aktivierung in Bilanzen.
Für mich bleibt zu sagen: Ich habe eine Fülle von Anregungen und Impulsen bekommen. In zwei Jahren bin ich sicher wieder mit dabei beim dann 13. Terminologietag.