Mit Checklisten beschäftigt sich nicht nur meine Kollegin Ulrike (z. B. hier und hier), sondern auch ein utb-Ratgeber, der vor kurzem den Weg zu mir auf den Schreibtisch gefunden hat. Christian Wymann und Franz Neff haben eine „Checkliste Schreibprozess“ vorgelegt. Sie soll wissenschaftlich Arbeitenden helfen, ihre Schreibprojekte bewusster zu steuern und einen eigenen Weg für die Gestaltung ihrer Schreibprojekte zu finden.
Mich haben bei diesem Buch vorrangig zwei Fragen bewegt:
- 1. Wie gut lässt sich mit dem Buch ein Schreibprozess gestalten?
- Und 2. Was davon lässt sich auf die Technische Redaktion übertragen?
Die Anforderungen sind hier ja oft anders als in der Wissenschaft…
Auf dem Weg zum Schreibprozess
Die Checkliste Schreibprozess ist ein schmales Büchlein; was in diesem Fall aber eher ein Vorteil ist. Eine Checkliste sollte ja an sich schon kurz sein. Außerdem erleichtert die mengenmäßige Beschränkung den Einstieg und motiviert zur Beschäftigung mit der Thematik.
Das Buch gliedert sich in sieben Kapitel von „1. Orientieren und Vorbereiten“ bis „7. Abschließen und abgeben“. Der Schreibprozess für wissenschaftliche Arbeiten ist so gut abgedeckt. Gleich zu Beginn findet sich auch jeweils eine ausführliche Checkliste, die das Thema gut erschließt. Dabei werden auch Aspekte thematisiert, die sonst nicht so häufig angesprochen werden, z. B. welche Probleme beim Schreiben im Team auftreten (können).
Insgesamt strukturiert das Buch den Schreibprozess nachvollziehbar und umfassend durch. Es berücksichtigt viele Gesichtspunkte der neueren Schreibforschung, z. B. Schreiben als Mittel, um seine eigenen Recherchen zu systematisieren.
Ganz glücklich bin ich allerdings mit der Darstellung nicht. Das Buch legt ein relativ stringentes Vorgehen in einzelnen, klar gegliederten Schritten nahe. Tatsächlich wird aber bei Schreibprojekten immer wieder in frühere Phasen zurückgegangen. Wer das nicht weiß, kann schnell das Gefühl bekommen, dass er oder sie versagt, wenn der Schreibprozess nicht so linear verläuft, wie die Checkliste das nahelegt. Letzten Endes ist aber die Stringenz beim Durchlaufen des Schreibprozesses auch und vor allem eine Frage des eigenen Arbeitsstils.
Auf in die Technische Redaktion
Wie gut lässt sich die Checkliste nun für die Bedürfnisse der Technischen Redaktion anpassen? Das Bild fällt hier ein wenig heterogen aus. Grundsätzlich lässt sich die Idee, den Schreibprozess durch Checklisten zu strukturieren und steuern, gut auf die Technische Redaktion übertragen. Allerdings unterscheiden sich die Anforderungen in den jeweiligen Schreibsituationen dann doch recht deutlich. In vielem ist der Schreibprozess in der Technischen Redaktion strukturierter als beim wissenschaftlichen Schreiben. Andererseits kommen in der Technischen Redaktion Aspekte hinzu (Zeitdruck, Zusammenarbeit zwischen Abteilungen etc.), die in „Checkliste Schreibprozess“ nicht abgedeckt sind.
Für die Technische Redaktion lässt sich das Buch deshalb als Ideeninput gut verwenden, allerdings ist die Arbeit dann bestenfalls zur Hälfte getan. Um seine eigene Schreib-Checkliste zu bekommen, wird der Technische Redakteur bzw. die Technische Redakteurin noch einiges an Arbeit aufbringen müssen. Eine Arbeit, die sich allerdings auf lange Frist sicher auszahlt.
Hinweis: Das hier besprochene Buch wurde uns vom Verlag kostenfrei als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Der Verlag hat keinerlei Einfluss auf den Inhalt dieser Besprechung genommen.
Literatur: Wymann, Christian; Franz Neff: Checkliste Schreibprozess. Opladen, Toronto: Verlag Barbara Budrich, 2018. 124 Seiten. EUR 12,99 (print) EUR 10,99 (online). ISBN: 9783825249601.