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Sie sind technischer Redakteur oder technische Redakteurin oder interessieren sich zumindest für technische Redaktion? Vermutlich schon, denn sonst wären Sie nicht hier. Gut für Sie. Technische Dokumentation gewinnt nämlich an Bedeutung. Hochwertige Dokumentation ist ein Qualitätsmerkmal, mit dem sich Unternehmen profilieren können. Technische Redakteur:innen sind also gefragt. Grund genug, einmal genauer hinzusehen, was so ein technischer Redakteur eigentlich können sollte. Wir haben dazu verschiedene Blickwinkel (mit verschiedenen Erwartungen) auf den technischen Redakteur untersucht. Denn wir wollten wissen: Was denken Berufsanfänger? Wie sieht das offizielle Berufsbild aus? Und wonach suchen Unternehmen tatsächlich?
Was denken Jungredakteure, dass sie können sollten?
Nehmen wir einmal die Perspektive von Berufseinsteigern ein. Gerade angehende technische Redakteure sind noch unbeschriebene Blätter und nicht durch ihre Berufserfahrungen beeinflusst. Stellvertretend für diese Gruppe haben Theo Helmberger und ich uns Gedanken gemacht, welche Kompetenzen wir für wichtig halten. Danach haben wir unsere Gedanken zu dieser Übersicht eingedampft:
Priorität | Fähigkeit |
1 | Selbständiges Arbeiten |
2 | Sicheres Deutsch |
3 | Teamfähigkeit |
4 | Grundlegendes technisches Verständnis |
5 | Komplexere Sachverhalte einfach darstellen |
6 | Ausbildung / Studium / Zertifikat |
7 | Freude am Schreiben |
8 | Kenntnisse über Standards |
9 | Didaktische Fähigkeiten |
10 | Grundkenntnisse der Redaktionssysteme |
Aus unserer Sicht müsste selbständiges Arbeiten, sicheres Deutsch und Teamfähigkeit bei technischen Redakteuren hoch im Kurs stehen. Allerdings haben wir als Berufsanfänger bisher nur kleinere, unabhängig arbeitende Redaktionen kennengelernt.
Außerdem sind angehende wie erfahrene technische Redakteure dafür da, dem Auftraggeber Schreibarbeit abzunehmen. Dazu ist ein gewisses Maß an Selbständigkeit nötig. Denn die Probleme sind nur verlagert, wenn sich der Auftraggeber statt mit der Dokumentation mit externen technischen Redakteuren herumschlagen muss.
Was denkt der Fachverband, dass Technikredakteur:innen können sollten?
Werfen wir einen Blick nach oben. Die tekom als der Fachverband der technischen Redakteure hat ein ausführliches Berufsbild dazu entwickelt, was einen technischen Redakteur ausmacht. Wir haben das hier einmal zusammengefasst:
- Kennt juristische und normative Anforderungen
- kennt Prozesse und Methoden der Informationsentwicklung
- kann professionell zielgruppenorientiert schreiben
- kann optisch ansprechend gestalten und layouten
- kann Illustrationen und bildhafte Darstellungen erstellen
- hat sprachliche Kompetenz und Fremdsprachenkenntnisse, insbesondere Englisch
- hat Software-, EDV-Kompetenzen
- hat interpersonelle Kommunikationskompetenz
- hat einen präzisen, sorgfältigen Arbeitsstil
- hat Zeitmanagement-Skills
Beim Vergleich der Vorstellungen des Fachverbands mit den Vorstellungen der Einsteiger fällt etwas auf. Erlernbare Fähigkeiten, die für die tekom wichtig sind, werden auch von Einsteigern als wichtig erachtet. Davon haben die Berufsanfänger vielleicht schon gehört oder in Praktika Nutzen gehabt. Mit einigen Kompetenzen, die die tekom von fertigen Redakteuren erwartet, haben Berufsanfänger aber noch nichts zu tun. Wohl deshalb werden von der tekom genannte Fähigkeiten wie Zeit- und Prozessmanagement von Einsteigern noch nicht als wichtig erachtet.
Und was erwartet der Arbeitsmarkt tatsächlich von einem Technikredakteur?
Ein Merkmal von Berufsanfängern ist, dass sie einmal mit ihrem Beruf anfangen wollen. Daraus folgt ein Interesse für das, was potenzielle Arbeitgeber von technischen Redakteuren erwarten. Das hat uns auch interessiert und wir haben uns im Stellenmarkt nach den Anforderungen der Arbeitgeber umgesehen. Die Anforderungen haben wir gruppiert und statistisch ausgewertet. Die Essenz aus über 50 Stellenanzeigen ist ein eindeutiges Bild:
Priorität | Fähigkeit |
1 | Technisches Verständnis |
2 | Sicheres Englisch |
3 | Erfahrung in der zu dokumentierenden Branche |
4 | Studium |
5 | Teamfähigkeit |
6 | Kommunikationsfähigkeit |
7 | Selbständigkeit |
8 | Ausbildung |
9 | Sicheres Deutsch |
10 | Erfahrung mit CMS |
Technisches Verständnis und Branchenerfahrung sind gefragter als Team- und Kommunikationsfähigkeit. Anscheinend legen Unternehmen mehr Wert auf fachliche als auf soziale Kompetenzen. Kurioserweise wird sicheres Englisch als wichtiger als sicheres Deutsch eingeschätzt. Während die tekom allgemein von Sprachkompetenz spricht, haben Berufsanfänger vor allem das sichere Deutsch im Blick. In Deutschland sind mehrere große internationale Unternehmen tätig. Auch mit Sitz in Deutschland schreiben diese häufig ihre Dokumentation zunächst auf Englisch. Für diese Unternehmen bringt der ideale technische Redakteur deshalb Englischkenntnisse mit. Für Unternehmen, Einsteiger und tekom gleichermaßen wichtig ist, dass sie ihr Handwerkszeug sicher beherrschen.
Kleinste gemeinsame Nenner
Vergleichen wir die Vorstellungen von Einsteigern, tekom und dem Arbeitsmarkt über das, was einen technischen Redakteur ausmacht. Es gibt drei erkennbare Kompetenzen, die von allen für so wichtig gehalten wurden, dass sie Erwähnung fanden.
Selbständiger Arbeitsstil
Zum perfekten technischen Redakteur gehört ein selbständiger Arbeitsstil. Die tekom wird noch etwas präziser. Zum selbständigen Arbeiten muss man sich die Zeit einteilen können und sorgfältig arbeiten.
Sprachliche Kompetenz
Deutsch sollte der technische Redakteur beherrschen. Englisch wird nur von Einsteigern nicht genannt. Das liegt vielleicht daran, dass Einsteiger nur selten mit englischsprachiger Dokumentation in Berührung kommen. Manchmal treiben es Unternehmen noch weiter und wünschen sich Sprachen wie Französisch, Italienisch oder Spanisch.
Beherrschte Handwerkszeuge
Unternehmen wie Anfänger denken, dass technische Redakteure zumindest erste Erfahrungen mit Content-Management- oder Redaktionssystemen haben sollten. Die tekom gibt sich damit nicht zufrieden. Nach ihren Vorstellungen sollten technische Redakteure auch kompetent im Umgang mit anderer Software sein.
Diese drei Kompetenzen sollte jeder technische Redakteur mitbringen. Daneben gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Kompetenzen, die den idealen technischen Redakteur ausmachen. Welche das sind, das hängt vom Blickwinkel ab. Je nachdem, aus welcher Ecke man auf den technischen Redakteur schaut, ändert sich sein Profil. Und welche Fähigkeiten sind aus ihrem Blickwinkel besonders wichtig? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Sehr interessanter Beitrag, vorallem die Auswertung der Stellenanzeigen, um zu sehen was der Markt sich tatsächlich wünscht.
In unserem Blog haben wir ein paar TR gefragt, was für sie das Besondere an Ihrem Job ist und was sie angehenden TR´s mitgeben möchten.
Geantwortet wurde z.B., dass Eigenmarketing auch ein wichtiger Punkt ist:
“Im Studium sind Themen wie Standardisierung, Terminologiemanagement, spezielle Autorenwerkzeuge oder ein definiertes Berufsbild allgegenwärtig. Doch „da draußen“ weiß oft niemand etwas mit dem Begriff „Technischer Redakteur“ anzufangen, ebensowenig dessen Bedarf („Das kann man studieren? Schreiben kann doch jeder!“) oder den Mehrwert eines solchen Berufsbilds jenseits des „Hübschmachens“ von Entwicklertexten. Methodisches Vorgehen und Marketing in eigener Sache sind also unerlässlich, wer im Job einen Unterschied machen möchte.” (Das ganze Interview, https://intelligent-information.blog/de/blog/2017/07/17/beitragsserie-verliebt-in-meinen-it-job-3-martin-haeberle/)
Viele Grüße aus dem iiblog,
Helena Maier
Meine Erfahrungen aus mehr als 15 Berufsjahren und mehreren Arbeitsstellen haben einige wesentliche Anforderungen an eine Technische Redakteurin (Mann, Frau, Divers) aufgezeigt, die hier nicht zur Sprache kamen.
Wichtig sind Neugier und Aufgeschlossenheit neuen Themen gegenüber, die Freude daran, Dinge auszuprobieren.
Wesentlich und maßgeblich sind Durchhalte- und Beharrungsvermögen und Widerstandsfähigkeit. Ich muss immer wieder SMEs zur Mitarbeit und Informationslieferung “animieren” und ihnen immer und immer wieder die Wichtigkeit ihrer Mitarbeit aufzeigen. Und das in konsiliantem und konstruktivem Miteinander.
Eine Technische Redakteurin darf sich nicht in ihrer Auffassung beirren lassen, was für den Anwender wichtig ist, was er braucht oder nicht braucht.
Außerdem ist die Fähigkeit wichtig, abstrakt strukturieren zu können. Sei es, dass die Texte und Dokumente strukturiert werden müssen, oder sei es, dass die SMEs bei der Recherche strukturiert abgefragt werden.
Ein letzter Punkt: eine TR (w/d/m) muss akribisch und erschöpfend recherchieren und Informationen zusammentragen können.
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Und das gleich aus mehreren Gründen. Zum einen weil uns dadurch aufgefallen ist, dass die Abbildung in diesem doch schon ein wenig älteren Beitrag (von 2016) unzureichend gegendert ist (der Beitrag auch, aber den wollten wir nicht ohne Zustimmung der beiden damaligen Praktikanten und Autoren ändern). Grundsätzlich sind uns geschlechtergerechte Formulierungen sehr wichtig, wie man auch auf unserer Karriere-Seite sehen kann https://www.doctima.de/karriere/.
Zum anderen aber auch vielen Dank, dass Sie uns Ihre eigenen Erfahrungen schreiben. Genau das ist, was wir uns mit unserem Blog und diesem Beitrag erhoffen: Austausch, Diskussion und ein ganzheitliches Bild zu unserem Beruf. Ihren Beobachtungen kann ich nur zustimmen, auch wenn diese Fähigkeiten in den Stellenausschreibungen (die sich die beiden Autoren Helmberger und Geiger ja hauptsächlich angesehen haben) nur selten explizit gefragt sind.