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Markus Nickl hat es in einem seiner letzten Blog-Beiträge bereits auf den Punkt gebracht: „Anschreibenoptimierung ist keine Hexerei“.
Doch wenn man genauer hinsieht, wimmelt es dort nur so von linguistischen Kobolden und kommunikationswissenschaftlichen Zwergen, die die Unternehmenskorrespondenz zu dem machen, wie sie sein soll: kundenfreundlich und verständlich. Ist also vielleicht doch ein wenig Hexerei im Spiel?
In meiner Abschlussarbeit bei doctima habe ich mich genau mit diesem Thema beschäftigt.
Magischer Informationsaustausch – Das kommunikative Handeln
Ein Anschreiben ist eine Textsorte und eine Kommunikationsform zugleich. Ich habe mich gefragt, wie sich diese beiden Dinge kombinieren lassen und bin auf das Kommunikationsmodell von Koch und Oesterreicher gestoßen:
Dort werden unterschiedliche Kommunikationssituationen gegenübergestellt. Je nach Situation kann eine Textsorte einer bestimmten Kommunikationsform zugeteilt werden. Kundenanschreiben sind mit Parameterwerten wie beschränkter Öffentlichkeit, Fremdheit der Kommunikationspartner, raum-zeitlicher Distanz, Reflektiertheit, Themenfixierung, Situations- und Handlungseinbindung, kommunikativer Kooperation und Dialogizität eher kommunikativ distanziert. Im Anschreiben ist es deshalb besonders wichtig, den Leser einzubeziehen (vgl. Koch, Peter / Oesterreicher Wulf (2008): Mundlichkeit und Schriftlichkeit von Texten. In: Janich, Nina (Hg.): Textlinguistik. 15 Einfuhrungen. Tubingen: Narr (Narr-Studienbucher). S. 199–216).
Für den Leser-Einbezug kann etwa die Sprechakttheorie als Basis dienen. John Searle hat verschiedene Kommunikationsziele definiert (Searle, John R. (1982): Ausdruck und Bedeutung. Untersuchungen zur Sprechakttheorie. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft 349). Was will man mit einem Anschreiben erreichen? Soll es informieren, anleiten oder wird etwas vom Kunden gefordert? Hat ein Anschreiben nur ein Kommunikationsziel oder können einzelne Unterabschnitte sogar ein eigenes Ziel verfolgen? Das muss man sich beim Verfassen von Kundenanschreiben klarmachen und dementsprechend formulieren. Denn der Adressat muss wissen, was ein Anschreiben aussagen will.
Fantastische Partner – Die Zielgruppe definieren
An wen richtet sich das Anschreiben? Werden junge oder alte Menschen angesprochen? Wird die Allgemeinheit kontaktiert oder nur ein bestimmter Adressatenkreis? In der mündlichen Kommunikation passe ich meinen Wortschatz doch auch je nach meinem Gegenüber an. Warum nicht auch in Anschreiben? Wenn man sich dieser Überlegungen im Klaren ist, wirkt sich das auch auf die Formulierung aus.
Zauberhafte Ordnungshüter – Die Struktur festlegen
Der Mitteilungswert eines Anschreibens kann in zwei Bereiche geteilt werden: Einerseits steht das Thema, das den Ausgangspunkt einer Aussage darstellt. Auf der anderen Seite steht das Rhema, das das Thema als Ausgangspunkt nimmt und die nähere Information dazu bietet. Diese Struktur kann man auch bei der Anschreibenoptimierung als Vorlage heranziehen. So wird der Leser gleichmäßig durch den Text geführt. Vor allem für die Betreffzeile ist das Thema-Rhema-Konzept hilfreich.
Rätselhafte Wortklauber – Die Formulierung wählen
Zum Schluss ist die richtige Formulierung zu beachten. Wird der Leser direkt angesprochen? Der Adressat muss ja wissen, was er mit dem Anschreiben zu tun hat. Wenn die Identifikation mit dem Leser fehlt, wird ein Anschreiben unverständlich und kompliziert. Bei der Wortwahl sollten bürokratische Floskeln vermieden werden. Ellenlange Sätze mit Substantivierungen wirken konstruiert und schaffen Distanz. Im Gegensatz dazu fühlt sich der Leser mit aktiven Verben direkt angesprochen und der Absender kann als handelnde Person wahrgenommen werden.
Man muss also nicht hexen können, um verständliche und kundenorientierte Anschreiben verfassen zu können. Einiger kleiner Hilfsmittel bedarf es trotzdem. Und wer weiß, vielleicht besitzt jeder und jede von uns kleine Zwerge, die in unserem Kopf wohnen und uns bei kniffligen Aufgaben wie der Anschreibenoptimierung zur Seite stehen.