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6× im Jahr freuen wir uns, wenn die neueste Ausgabe der Zeitschrift „technische kommunikation“ auf unseren Schreibtischen liegt. Die Fachzeitschrift der tekom bietet immer wieder spannenden Lesestoff. Und wie so oft beim interessierten Lesen bleiben Reaktionen nicht aus: zustimmendes Nicken, ungläubiges Staunen, vielleicht auch mal Widerspruch. Diese Reaktionen unserer Kolleg:innen wollen wir zukünftig im Blog mit Ihnen teilen und freuen uns, wenn wir so untereinander ins Gespräch kommen.
Also, Bühne frei für unsere erste Nachlese zur technischen kommunikation Ausgabe 01/2021:
Markus Nickl
Geschäftsführer
Schnipsel statt Silben
Markus Reiter, technische kommunikation 01/2021, S. 28-31
Ich muss ja zugeben, dass ich den Äußerungen von NeurowissenschaftlerInnen zu Sprache meist mit ein wenig Skepsis begegne. Für mich ist das immer so, als würden sich die Quantenphysik zu Problemen im Fahrzeugbau äußern – kann schon sein, dass mal was Nützliches dabei ist, im Normalfall ist das aber zu weit von den Phänomenen des Alltags entfernt. Aber man will ja aufgeschlossen sein…
Leider hat sich mein Vorurteil aber wieder bestätigt. Markus Reiter will zeigen, wie das Internet die Sprache verändert. Seine Beispiele beziehen sich auf Trends, die schon seit Jahrzehnten, teilweise auch Jahrhunderten andauern.
Genitivschwund? – setzt spätestens mit dem Übergang zum Frühneuhochdeutschen ein.
Lockerer Umgangston? – Ein Trend seit mindestens dem 19. Jahrhundert.
Sprachökonomie? – Einer der grundlegenden Mechanismen des Sprachwandels zu allen Zeiten. Die Liste ließe sich fortführen.
Letzten Endes bleibt also als belastbare Aussage: Die Sprache verändert sich und im Internet kann man das sehen und (ganz vielleicht) beschleunigt das Internet den Sprachwandel in manchen Bereichen. Ob man für diese Aussage Neurowissenschaften braucht, kann jede(r) für sich selbst beantworten.
Johannes Dreikorn
Senior Cosultant
Mit wenig viel erreichen
Matthias Schulz, technische kommunikation 01/2021, S. 43-47
Was bedeutet Minimalismus konkret? Diese Forderung aus der EN 82079 – die ja gleichzeitig eine Erlaubnis darstellt – buchstabiert Matthias Schulz anhand konkreter Beispiele durch. Das ist sehr hilfreich und zeigt, wie man als Redaktion über diese neuen Möglichkeiten nachdenken sollte.
Ja: Mit sauber umgesetztem Minimalismus können wir einiges sparen. Den Usern unnötige und damit störende Informationen. Und Kosten für die Übersetzung von Inhalten, die niemand braucht.
Was allerdings nicht passieren darf: Die Maximierung redaktioneller Aufwände, um die angestrebte inhaltliche und formale Minimalisierung zu erreichen. Wer das Thema Minimalismus angehen möchte, braucht dafür ein gutes Konzept, das zu den eigenen Produkten und Zielgruppen passt. Und das nicht für jede Anleitung wieder neu erfunden werden muss.
Ein sehr hilfreicher Baustein auf dem Weg zum Minimalismus ist ein Redaktionssystem. Denn intelligent eingesetzt unterstützt es die Anfertigung und Wiederverwendung minimalistischer Informationsstrukturen. Und bietet zudem über die Möglichkeit der Automatisierung die Chance, dass mit dem Minimalismus auch die Kosten für die redaktionelle Betreuung spürbar sinken.
Lena Krauß
Cosultant
Mit der Sprache der Maschine
Dr. François Massion, technische kommunikation 01/2021, S. 34-39
Künstliche Intelligenz ist in aller Munde – vor allem auch in der Technischen Kommunikation. „Dich als Übersetzerin wird die Maschine in ein paar Jahren vollständig abgelöst haben“. So oder so ähnlich sind oft die Reaktionen auf dieses Berufsbild. Hier lohnt es sich aber, ins Detail zu gehen; und zwar ins Herzstück eines jeden Fachtexts: die Terminologie.
François Massion rückt dabei den Fokus auf die Frage, wie Maschinen natürliche Sprache verstehen und welche Rolle Terminologie dabei spielt. Eingesetzt wird diese von u. a. maschinellen Übersetzungstools und Chatbots.
Das Konzept der maschinellen Übersetzung (MÜ) ist gar nicht so neu, wie man meint. Das Neue daran ist die Weiterentwicklung zur neuronalen maschinellen Übersetzung, die auf KI basiert. Neben der kostenlosen Variante ist für Unternehmen mit hohem Übersetzungsvolumen die Option interessant, neuronale MÜ-Systeme mit eigenen Texten zu trainieren und mit ihrem Translation-Memory-System zu verbinden.
Massion stellt allerdings zu Recht fest, dass MÜ eine große Schwäche hat: „Es ist äußerst schwierig, neuronale Systeme dazu zu bringen, eine bestimmte Firmenterminologie konsistent einzuhalten“. So wählt die MÜ oft die im jeweiligen Kontext falsche bzw. nicht bevorzugte Benennung. Nicht mal die Terminologiefehler in der MÜ sind konsistent. Bei einem ersten Versuch wird valve repair in einem medizintechnischen Text mit ‚Ventilreparatur‘, beim zweiten Mal mit ‚Herzklappenreparatur‘ übersetzt. Beides ist theoretisch eine richtige Übersetzung, doch nur eine passt im Kontext. Leider lässt sich die Terminologie auch nicht so einfach in die MÜ-Engine einbinden. Umso wichtiger ist eine gründliche Terminologiearbeit beim Einsatz einer MÜ für folgende Schritte:
- Qualitätssicherung der Trainingsdaten für die MÜ-Engine: je besser (und konsistenter) der Input, desto besser der Output
- Vorbereitung des Texts für die MÜ (Pre-Editing): Anpassung der natürlichen Sprache an eine maschinengerechte Sprache, z. B. heart valve repair statt nur valve repair
- Referenz zur Korrektur maschinellen Outputs (Post-Editing): Terminologiefehler erkennen und korrigieren
Zurück zur eingangs gestellten Fragen: Werden wir dann in der Kommunikation überflüssig sein? Die Antwort ist klar: keineswegs, denn „ohne den Menschen sind die Maschinen […] hilflos“. Routinearbeiten werden in Zukunft eher an die Maschine übergeben und unsere beruflichen Tätigkeiten verschieben oder entwickeln sich weiter – und das in eine spannende Richtung. Setzen Sie bereits intelligente Tools wie die maschinelle Übersetzung ein? Wie sind Ihre Erfahrungen zu diesem Thema?
Haben Sie die neueste Ausgabe der tekom-Zeitschrift schon gelesen? Wir freuen uns auf den Meinungsaustausch mit Ihnen!