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An einer eher unerwarteten Stelle ist mir heute ein Problem zum Thema Fachsprache untergekommen. Der Spiegel räsonniert in seinem Format „Die Lage am Morgen“ darüber, ob man das Wort „Schalte“ noch verwenden kann. Die Antwort: Nein, denn es ist Fachjargon und außerdem ein wenig veraltet. So weit, so gut.
Aus Fachsprachen-Sicht fallen dabei ein paar Dinge auf, die ich hier kurz einmal ansprechen möchte.
Fachwörter sind kein Fachchinesisch
Viele Leute verwechseln Fachsprache und Fremdsprache. Man hört zum Beispiel oft, dass ein Begriff kein Fachwort sein könnte, weil das ja ein deutsches Wort ist. Ein schönes Beispiel ist der sogenannte „Schraubendreher“ – das Fachwort, das viele Handwerker für den allgemeinsprachlichen Begriff „Schraubenzieher“ verwenden. Entscheidend ist bei Fachsprache aber nicht, woher ein Wort kommt, sondern dass es in einem bestimmten Fach mit einer bestimmten, genau festgelegten Bedeutung verwendet wird.
Fachsprache ist kein Fachjargon
Warum hat Fachsprache dann so einen schlechten Ruf? Dafür gibt es zwei Antworten: Zum einen deutet Fachsprache auf eine inhaltliche Spezialisierung hin. Sie zeigt uns, dass wir ein Thema (noch) nicht beherrschen, dass eigentlich noch Lernaufwand notwendig ist, um mitzureden, den wir aber nicht immer leisten möchten. Fachsprache macht also ein Wissensdefizit deutlich.
Umgekehrt ist aber jede fachliche Gemeinschaft eben auch eine Gemeinschaft, die eigene Sprech-Gewohnheiten entwickelt. Diese Sprechgewohnheiten sind nicht notwendig, um die fachlichen Themen zu bewältigen, sondern sie signalisieren nach innen „Wir gehören zusammen.“ und nach außen „Du gehörst nicht dazu.“
Fachsprache dient hier dazu, sich von anderen abzugrenzen. Man nennt solche fachsprachlichen Eigenheiten, die nur eine Gruppenfunktion haben, deshalb auch „Fachjargon“.
Fachjargon ist keine Böswilligkeit
Nicht immer ist es böser Wille, wenn jemand Fachjargon verwendet. Wenn man den ganzen Tag in seinem Fach zu tun hat, erscheint uns Fachjargon oft einfach als die normale Art des Redens. So geht es ja auch den Redakteuren in dem Spiegel-Beitrag. Solange man über ein Wort nicht stolpert hilft es nur, ernst zu nehmen, wenn man darauf angesprochen wird.
Viele reagieren dann ja damit, dass sie als Experten das Fachwort oder den Fachjargon verteidigen, weil das ja „in Wirklichkeit die richtige Art ist, das auszudrücken“. Beispiele hierfür sind „Einkommensteuer immer nur mit einem -s“, „Schraubendreher, weil die Schraube ja nicht gezogen wird.“ usw.
Tatsächlich ist Fachsprache aber nicht „richtiger“ als Gemeinsprache. Sie kann präziser sein, und wenn diese Präzision gebraucht wird, dann muss das Gegenüber den Lernaufwand leisten, um mitreden zu können. Bei Fachjargon geht es aber nur darum, dazuzugehören. Und da muss ich mich dann nicht wundern, wenn Leute das als arrogant empfinden, durch den Wortschatz ausgeschlossen zu werden.
In diesem Sinne: Souverän reagiert vom Spiegel.