Katrin Thurnhofer ist Gründerin und Geschäftsführerin von doctima. Wir haben sie zu einem Thema befragt, das nicht nur Berufseinsteiger bewegt: Wie finde ich als Technischer Redakteur / Technische Redakteurin ein Unternehmen, das zu mir passt?
doctima-Blog: Katrin, du hast uns verraten, dass dir dieses Thema besonders wichtig ist. Warum ist das so?
Katrin Thurnhofer: Bei doctima kümmere ich mich besonders um Personalaufgaben. Da erlebe ich immer wieder, dass Leute zu uns kommen, die vorher bei ihrem Unternehmen sehr gefrustet waren. Umgekehrt erlebe ich es aber leider auch manchmal, dass KollegInnen gehen, weil sie feststellen, dass sie sich von ihrem Job etwas anderes erwarten, als ein Dienstleister bieten kann. Ich glaube, alle Beteiligten könnten sich da einiges an Frust sparen, wenn man nur ein paar Dinge beachten würde.
doctima-Blog: Was sollte man sich denn alles klar machen, bevor man ein Unternehmen aussucht?
Katrin Thurnhofer: Natürlich gibt es ganz unterschiedliche Dinge, die jemandem wichtig sein können. Im Groben geht es aber um zwei große Themenkomplexe: Großunternehmen vs. kleines Unternehmen und – für die Technische Redaktion ebenso wichtig – Hersteller oder Dienstleister. Ein Großunternehmen ist gut für Spezialisten, die es eher planbar brauchen und gerne ein Thema im Detail bearbeiten wollen; kleine Unternehmen sprechen eher Generalisten an, die schnell komplexe Aufgaben bewältigen können. Hersteller sind klasse, wenn mich da die Produkte des Unternehmens faszinieren. Dienstleister sind für die Leute super, die sich gerne Neues ansehen und sich in verschiedene Aufgaben reinfuchsen wollen.
Dann sollte man sich die immateriellen Werte des gewünschten Unternehmens ansehen. Die soziale Absicherung, die mir ein großes Unternehmen bietet, erkaufe ich mir vielleicht mit dem geringen Gestaltungsspielraum, den ich dort habe. Die hippe Start-up-Atmosphäre bezahle ich vielleicht mit einer fehlenden Work-Life-Balance. Umgekehrt kann es sein, dass mir ein Unternehmen zwar formale Karrierewege mit Aufstiegspfaden bietet, ich aber immer nur ein Rad im großen Getriebe bleiben werde.
Solche Fragen sollte man vorab ehrlich mit sich selber klären. Und nicht nur für den heutigen Zeitpunkt, sondern auch für die eigene Zukunftsplanung. Wie definiere ich Erfolg für mich? Was ist, wenn ich mal Kinder haben möchte? Werde ich auf Dauer in der Region glücklich sein; bietet mir das Unternehmen vielleicht die Möglichkeit an verschiedenen Standorten zu arbeiten?
Wenn man das alles ehrlich mit sich geklärt hat, bleibt zu guter Letzt noch der Aspekt, wo sich das gewünschte Unternehmen hinbewegt, was es in der Zukunft anstrebt. Wenn ich kleine Einheiten mag, dann wird ein Start-up, das auf explosives Wachstum setzt, auf Dauer nicht das Richtige für mich sein. Umgekehrt kann so ein kleines Unternehmen dann für jemand interessant sein, die zwar gerne Konzernstrukturen mag, sich dort aber frühzeitig einen Platz aufbauen kann, der zu ihr passt.
doctima-Blog: Und wie erkennt man denn nun, ob ein Unternehmen auch wirklich zu einem passt? Oft ist ja nicht alles Gold, was glänzt.
Katrin Thurnhofer: Zunächst einmal würde ich mir genau ansehen, was ich zu dem Unternehmen so finde: Website, Social Media, Presseberichte – einfach alles, was sich da so an Informationen bekommen lässt. Da bekommt man oft ja schon einen Eindruck, welche Themen ein Unternehmen bewegen, wie ein Unternehmen so tickt. Dann würde ich mir Fragen überlegen, um herauszufinden, ob das auch in der Realität so ist. Vielleicht kennt man ja jemanden, der bei dem Unternehmen ist (oder jemand, den man kennt, kennt jemand). Da kann man dann gut nachfragen.
Man kann solche Fragen aber auch in das Bewerbungsgespräch mitnehmen: „Sie schreiben auf Ihrer Website, dass Ihnen die fachliche Weiterentwicklung Ihrer Mitarbeiter wichtig ist. Nur so als Beispiel: Welche Maßnahmen haben Sie selbst denn im letzten Jahr genutzt?“ Wichtig ist dabei, nach konkreten Dingen zu fragen, Beispiele zu hören. Kommt ein Unternehmen bei konkreten Fragen ins Stocken, dann weiß man, dass da etwas faul ist.
doctima-Blog: Jetzt bist du ja Geschäftsführerin in einem eher kleineren Dienstleistungsunternehmen. Was sind denn aus deiner Sicht die Vorteile, die so ein Unternehmen bietet?
Katrin Thurnhofer: Aus meiner Sicht ganz klar zwei Dinge: Gemeinschaft und Vielfalt. In einem kleinen Unternehmen muss letzten Endes jeder für jeden da sein. Da müssen manchmal alle anpacken; für Allüren ist da kein Platz. Bei uns ist es zum Beispiel normal, dass man als Einsteigerin ein Projekt leitet und den langjährigen Teammitgliedern oder den Chefs sagt, was wann wie zu liefern ist – und dass die sich dann auch daran halten.
Und das teasert auch schon meinen zweiten Punkt an. In einem kleinen Team kann ich schnell Verantwortung übernehmen. Ich bekomme vielfältige Aufgaben, kann und muss fast täglich neue Dinge ausprobieren. Das kann manchmal durchaus auch anstrengend sein. Da kann es schon passieren, dass man eine Aufgabe nur deshalb bekommen hat, weil man diejenige ist, die sich am wenigsten schlecht damit auskennt. Für Leute, die erst einmal eine halbjährige Einweisung erwarten, ist das nichts. Solche Situationen kann man nur mit Eigeninitiative (und der Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen) bewältigen. Aber wenigstens weiß man, dass man sich auf die Unterstützung des Teams verlassen kann.
doctima-Blog: Wenn man nun den Verdacht hat, dass man trotz aller Überlegungen während der Bewerbungsphase dann doch im falschen Unternehmen gelandet ist, was sollte man dann tun?
Katrin Thurnhofer: Zunächst einmal würde ich nichts überstürzen. Auch hier gilt, dass man sich erst einmal klar darüber werden sollte, was man eigentlich von seinem Job erwartet. Womit ist man im Moment unzufrieden? Und andererseits: Gibt es Dinge, die man im derzeitigen Job genießt? Oft nimmt man ja Dinge als selbstverständlich, die aber bei einem anderen Arbeitgeber wegfallen würden. Da stellt man dann vielleicht fest, dass man bei dem neuen Großunternehmen zwar mehr verdient, aber die Arbeitsabläufe extrem reglementiert sind und man das eigenverantwortliche Arbeiten vermisst, das ein Dienstleister geboten hat.
Man kann da so eine Art Bilanz aufstellen. Und klar kann sich dann zeigen, dass im derzeitigen Job die Negativ-Seite überwiegt. Aber auch dann würde ich noch nicht meinen Job kündigen, sondern erst mal ausloten, was der bisherige Arbeitgeber tun kann, damit sich die Balance in die richtige Richtung bewegt. Parallel kann man sich ja schon mal umschauen. Aber oft genug stellt man schnell fest, dass auch bei dem neuen Arbeitgeber der Himmel nicht voller Geigen hängt. Und dann ist es eher unangenehm, den Job wieder schnell zu wechseln.
doctima-Blog: Gibt es zum Schluss noch etwas, das du unseren Leserinnen und Lesern mitgeben möchtest?
Katrin Thurnhofer: Ja, vor allem eines: Es gibt nicht das perfekte Unternehmen. Es gibt höchstens das Unternehmen, das zum jetzigen Zeitpunkt perfekt zu mir passt. Der Weg zum perfekten Job beginnt bei einem selbst.