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Wahrscheinlich kann jeder, der als Trainer arbeitet, Horrorgeschichten erzählen über Dinge, die in Seminaren so richtig schiefgelaufen sind. Je nach Person und Seminar-Schwerpunkt werden diese Geschichten ganz unterschiedlich ausfallen. Auch die Lösungsstrategien, die man sich mit der Zeit aneignet, werden von Person zu Person unterschiedlich sein.
Was kann ich aus meiner bald 20-jährigen Trainer-Karriere über typische Problemsituationen in Seminaren berichten? Ich habe ein bisschen in meinem Gedächtnis gekramt und drei Favoriten für unseren Themenmonat „Schulungen“ herausgepickt.
Situation 1: Ich bin aufgeregt oder einfach schlecht drauf.
Ein Training zu geben ist für mich etwas sehr Emotionales. Das ist heute nicht anders als am Anfang meiner Berufslaufbahn. Ich liebe es, Wissen zu vermitteln und mit (m)einer Seminargruppe zu diskutieren. Je dynamischer ich eine Veranstaltung auslegen darf, desto besser.
Damit ich mein Bestes geben kann, muss ich mich allerdings wohlfühlen in meiner Haut. Wenn das nicht der Fall ist, dann habe ich richtig zu kämpfen. Eine schlechte Nacht im Hotel, Lampenfieber vor einem noch ungewohnten Thema oder Setting oder der Anflug einer Erkältung – das ist für mich persönlich schwieriger zu meistern als ein technisches Problem.
Wie gehe ich damit um? Als Erstes versuche ich, möglichst viel Ruhe in die Zeit vor Seminarbeginn zu bekommen. Wenn ich unterwegs bin, genieße ich ein langes Frühstück im Hotel. Für den Weg zum Seminarort plane ich mir viel Zeit ein – nur keine Hetze. Dort angekommen und direkt vor Seminarbeginn rede ich viel mit den Teilnehmern, um mich zu akklimatisieren und „Fühlung“ aufzunehmen. So bekomme ich auch Lampenfieber relativ gut in den Griff.
Bei neuen Themen baue ich mir immer „Sicherheits-Zonen“ ins Seminar ein: Das können längere Input-Passagen sein, die ich gut vorbereiten kann und in der ich mich fachlich wie emotional warmreden kann. Oder ich streue gezielt Übungen ein, die mich kurzzeitig aus dem Fokus nehmen und deren Ergebnisse automatisch für Interaktion und Dynamik sorgen. So ziehe ich mich selbst nach oben, auch an schlechten Tagen.
Situation 2: Die Technik macht Zicken.
Ich erinnere mich noch lebhaft an ein Software-Training, als ich mit einer Kollegin in einem Raum mit über 20 erwartungsvollen Gesichtern stand und die Software partout nicht zum Laufen zu bringen war. Ein durch und durch praktisch angelegtes Seminar und das Werkzeug funktioniert nicht – Horror! Bis Mittag haben wir fast nur Pausen gemacht, um der IT Zeit zu geben, das Problem zu lösen. Es gelang schließlich, aber es hat mich viele Nerven gekostet.
Immer wieder passiert es, dass die Technik streikt: Der Beamer mag nicht, das Netzwerk beim Kunden bricht zusammen und die benötigten Daten sind außer Reichweite … Was tun?
In einem Theater-Workshop habe ich gelernt „Probleme zu zelebrieren“ und festgestellt: Das hilft auch in Seminaren! Wenn also etwas nicht geht, beziehe ich heute die Seminargruppe einfach mit ein: Ich erkläre, was ich gerade mache und warum etwas nicht funktioniert. Dann rufe ich die Technik und das darf die Zeit dauern, die es braucht. Bei kleinen Zwangspausen setze ich spontan eine Teilnehmer-Pause an, wenn es länger dauert, stelle ich das Programm um.
Wenn allerdings ich die Technik mitbringe, zum Beispiel eine VM-Ware mit der Beispiel-Installation darauf, teste ich das im Vorfeld mehr als gründlich. Da möchte ich nichts dem Zufall überlassen. Notfalls nerve ich meine IT-Kollegen so lange, bis alle Abläufe so funktionieren, wie ich sie dann auch im Seminar benötige.
Situation 3: Mir geht der Stoff aus.
Ja, das passiert mir auch heute noch manchmal. Ich habe ein Seminar neu entwickelt und (wie immer) viel Praxis vorgesehen – und mir geht am zweiten Tag nachmittags der Stoff aus. Ein Grund kann als Beispiel sein, dass der Kunde für eine geplante längere Arbeitseinheit kein Material zur Verfügung gestellt hat.
Super-Gau? Früher wäre es das für mich gewesen, weswegen ich oft viel Zeit im Vorfeld investiert habe, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Was mache ich heute? Natürlich habe ich einen Sack voll Erfahrungen dabei und bewährte Standard-Übungen, die ich im Notfall aus dem Hut bzw. dem Notebook zaubern kann.
Aber noch viel besser ist es, auch hier die Teilnehmer einzubeziehen. Als Erstes verkünde ich, dass wir fleißig waren und das geplante Programm zügiger bearbeitet haben als gedacht. Anstatt aus allem ein Problem zu machen, gibt es erst einmal ein Lob – das funktioniert bei Kindererziehung genauso wie bei erwachsenen Seminarteilnehmern. Und dann sammle ich mit der Gruppe am Flipchart Themen und Übungsszenarien, die die Teilnehmer gerne machen würden. Da kommt in der Regel viel mehr Stoff zusammen, als in die verbleibende Zeit passen würde. Ein weiterer Pluspunkt: Weil wir gemeinsam gesammelt und abgestimmt haben, ist die Motivation bei allen noch einmal extra hoch und das auch zum Ende eines langen Seminars hin.
Dieses agile Zusammenspiel mit den Teilnehmern ist für mich eine der wertvollsten Erfahrungen als Trainer: Fast überall, wo ich hinkomme, habe ich es mit einem motivierten und positiv gestimmten Publikum zu tun. Dass mir das eine oder andere Detail vielleicht nicht gelingt, spielt unter dem Strich überhaupt keine Rolle. Und wenn das Seminar erst einmal richtig rollt, ist es ein munteres Geben und Nehmen zwischen Trainer und Teilnehmern, das am Ende alle bereichert.
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