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Zu Vorträgen ist schon vieles gesagt worden und auch vieles Richtiges. Das kann man in diversen Ratgebern und Blogs nachlesen. Ein Punkt fehlt mir aber oft: Wie gehe ich mit Angst und Unsicherheit um, wenn ich meine ersten Vorträge halten muss? Ich halte mittlerweile über 50 Vorträge und Workshops im Jahr und das macht mir riesigen Spaß. Aber wenn ich an meine ersten Vorträge zurückdenke, bricht mir immer noch der Angstschweiß aus. Mittlerweile weiß ich, dass man mit all den „Katastrophenszenarien“, die man so vorab im Kopf hat, in Wirklichkeit ganz gut umgehen kann. Hier also ein paar Tipps, die die Angst vor dem ersten Vortrag mildern können.
1. Hilfe, ich habe zu wenig zu sagen
Das beschäftigt eigentlich die meisten Einsteiger. Und dementsprechend bereiten sie einen Berg an Material vor. Ich habe noch nie erlebt, dass jemand in einem Vortrag zu wenig Material hatte, aber schon Dutzende Vorträge gesehen, bei denen die Kernaussage in den Details verloren gegangen ist. Oder die gnadenlos überzogen haben.
Zuviel inhaltliche Vorbereitung ist also eher eine Gefahr. In den allermeisten Fällen wissen Sie schon bei der Zusage für den Vortrag alles, was Sie inhaltlich brauchen. Denn Sie sind der Experte und deshalb eingeladen. Was Sie nicht wissen, wird Laien ohnehin überfordern.
Falls es aber doch einmal zum schlimmsten kommt, gibt es ein paar Tricks, mit denen Sie die Situation retten können:
- Fassen Sie die Kernaussagen Ihres Vortrags noch einmal zusammen. Ihre Zuhörer werden es Ihnen danken. Dieser Tipp hilft übrigens – wie auch der nächste Punkt – auch, falls Sie im Laufe des Vortrags einmal den Faden verlieren.
- Fordern Sie die Zuhörer auf Fragen zu stellen. In den allermeisten Fällen klappt das zwar nicht, aber dann steht Ihnen der Weg offen selbst, eine Frage zu stellen. Stellen Sie zum Einstieg eine geschlossene Frage und bitten Sie alle „Ja“-Stimmen aufzustehen. Ist das Eis dann erst einmal gebrochen, antworten Zuhörer auch leichter auf offene Fragen.
- Erzählen Sie Geschichten, die Sie im Zusammenhang mit dem Thema einmal erlebt haben. Am besten haben Sie immer ein paar parat, die Sie bei Bedarf in Ihren Vortrag einstreuen können. Menschen sind soziale Lebewesen – Erzählungen bleiben deshalb besser im Gedächtnis haften als pure Fakten. Fragen Sie die Teilnehmer, ob Ihnen schon etwas Ähnliches passiert ist.
2. Mein Gott, im Publikum sitzt eine Koryphäe
Was für ein Glück! Und welches Kompliment an Sie. Immerhin ist Ihr Vortrag so viel versprechend, dass sich dieser Experte entschlossen hat, sich ihn anzuhören. Lassen Sie sich deshalb nicht verunsichern. Die Teilnahme eines Experten mindert Ihre Kompetenz nicht, sondern wertet Sie auf. Denn dem Publikum ist ohnehin klar, dass Sie ebenfalls Experte zu diesem Thema sind – sonst wären Sie ja nicht hier.
Betrachten Sie den Experten also als Ihren Verbündeten. Falls Sie seine Arbeit ansprechen, sollten Sie erwähnen, dass Sie sich freuen, ihn im Publikum entdeckt zu haben. Stellt der Experte schwierige Fragen, so beantworten Sie diese Fragen am besten kurz und sachlich und bitten ihn, die Diskussion mit Rücksicht auf die thematisch weniger eingearbeiteten Teilnehmer, nach dem Vortrag noch zu vertiefen. Eine tolle Gelegenheit für Sie, engeren Kontakt zu knüpfen.
3. Einer nervt immer
Viele Einsteiger haben in Ihren ersten Vorträgen Angst vor Störern. Tatsächlich habe ich bisher noch nie erlebt, dass Teilnehmer einen Vortrag offen sabotiert haben. Dazu fehlt den üblichen Verdächtigen offensichtlich dann doch der Mut.
Und hier liegt auch der Ansatzpunkt für weniger plumpe Störversuche. Solidarisieren Sie sich mit Ihrem Publikum. Rechtfertigen Sie sich bei ungerechtfertigter Kritik nicht. Fragen Sie stattdessen das Publikum, wer das genauso sieht wie der Kritiker. Sollten das viele sein, dann müssen Sie offensichtlich genauer auf den Punkt eingehen, ansonsten können Sie die Kritik übergehen.
Eine ähnliche Strategie hilft bei unangenehmen Zwischenrufern: Bitten Sie sie, doch aufzustehen und ihre Wortmeldung noch einmal zu wiederholen, weil Sie sie nicht verstanden haben. Auch hier trauen sich die meisten nicht aus der Anonymität der Masse heraus und halten danach lieber ihren Mund.
4. Wie soll ich mich geben?
Manche fragen sich, wie sich geben sollen, damit Sie im Vortrag kompetent und sympathisch wirken. Mein Tipp: So wie Sie sind. In einem Vortrag haben Sie an so viel zu denken, dass Sie sich gar nicht darauf konzentrieren können, überzeugend eine Rolle zu spielen. Das beginnt schon bei der Kleidung. Natürlich sollten Sie auf die Gepflogenheiten der Veranstaltung Rücksicht nehmen. Aber wenn Sie sich im steifen Dreiteiler oder im hochgeschlossenen Kostüm unwohl fühlen, dann wird man Ihnen das anmerken. Sie werden sich ungelenk bewegen und zu wenig aktiv sein, vielleicht sogar an Ihrer Kleidung herumzupfen. Deshalb: Besser einen Kompromiss, mit dem Sie sich wohlfühlen als sklavisch einen vermeintlichen Dresscode zu beachten.
Das Gleiche gilt für Ihren Vortragsstil: Humor ist eine klasse Sache. Aber wenn Sie schon im Alltag bei Ihren Witzen auf Unverständnis oder ein müdes Lächeln stoßen, dann ist ein Vortrag die falsche Gelegenheit, das zu ändern. Und umgekehrt: Als Stimmungskanone sollten Sie Ihren Vortrag durchaus mit einer Prise Humor würzen und auf die vermeintliche Seriosität verzichten. Letzten Endes gilt: Seien Sie so authentisch, dass Sie sich wohlfühlen. Man wird es Ihnen anmerken.
5.The show must go on
Zu guter Letzt: Ein Vortrag ist nicht der Ort, an dem man tiefgreifende Erkenntnisse präsentiert. Zwar sollte alles, was Sie sagen Hand und Fuß haben. Aber komplizierte Beweisführungen, detaillierte Analysen und ausführliche Statistiken – all das hat Platz in einem wissenschaftlichen Aufsatz, aber nicht in einem Vortrag (ja, auch in keinem wissenschaftlichen Vortrag). Zeigen Sie möglichst anschaulich Ihre wesentlichen Informationen und verweisen Sie Ihre Zuhörer darauf, wo Sie die Details nachlesen können.
Und wenn Sie schon dabei sind, dann überlegen Sie doch, wie Sie Ihren Zuhörern eine gute Show bieten können. Natürlich kein billiger Klamauk, sondern intelligente Unterhaltung. Denn Ihr Publikum ist anspruchsvoll, sonst wäre es ja nicht hier. Also investieren Sie die Zeit, die Sie in die Recherche der Hintergrundfakten für Ihr Thema stecken möchten doch lieber in eine übersichtliche Grafik, überlegen Sie sich einen interaktiven Einstieg in das Thema oder in ein anschauliches Beispiel. Ihre Zuhörer haben dann allemal mehr davon.