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In regelmäßigen Abständen werde ich von Hochschulen gebeten, „doch einmal aus meinem Berufsfeld zu berichten“. Das sei doch interessant, wie ich – als Quereinsteiger… Und tatsächlich ist Technische Dokumentation ein Beruf, in dem es Quereinsteiger noch immer vergleichsweise leicht haben. Und das, obwohl es mittlerweile etliche spezialisierte Studiengänge zu dem Fach gibt.
Wobei die Frage natürlich auch ist, was eigentlich ein Quereinsteiger in unserem Fach ist. Von einem Kollegen mit Ingenieurs-Hintergrund wurde ich einmal gefragt, wie ich das denn so geschafft hätte als Quereinsteiger in der Dokumentation, so ganz ohne Technik-Kenntnisse? Meine Antwort hat ihn wohl ein wenig verblüfft: „Nun ja, ich habe über die Verständlichkeit von Gebrauchsanleitungen promoviert. Und wie haben Sie denn den Quer-Einstieg in die Technische Dokumentation geschafft, so ganz ohne Redaktionserfahrung?“
Tipp 1: Anknüpfungspunkte finden
Technische Dokumentation ist ein Querschnittsfach, in dem viele Kenntnisse gefragt sind. Für Geisteswissenschaftler ist das eine echte Chance. Als Historiker kennt man vielleicht verschiedene Archivierungssysteme, als Fremdsprachen-Philologe hat man sich mit interkulturellen Phänomenen beschäftigt, als Literaturwissenschaftler mit verschiedenen Stilen. Alles Kompetenzen, die auch in der Technischen Dokumentation nützlich sind.
Wichtig sind auch außerfachliche Erfahrungen. Sind Sie Computerspiele-Fan? Erstellen Sie doch ein Video-Tutorial, wie sich in Ihrem Lieblingsspiel ein Mod einbinden lässt. Oder Sie leben auf einem Bauernhof? Der erste Anknüpfungspunkt für ein Dokumentationspraktikum bei einem Landmaschinen-Hersteller. Sie spielen ein Instrument in einer Big Band? Für ein Einsteiger-Handbuch werden Ihnen neue Band-Mitglieder sicher dankbar sein.
Tipp 2: Kompetenz aufbauen
So sicher wie sich Anknüpfungspunkte finden lassen, so sicher werden Ihnen aber auch noch viele Fertigkeiten für die Technische Dokumentation fehlen. Bei Geisteswissenschaftlern sind das meist Technik-Kenntnisse. Das heißt nun nicht, dass Sie Abendkurse in Werkstoff-Wissenschaften oder Fertigungstechnik besuchen müssen. Als Biologe wäre etwa Medizintechnik ein interessantes Aufgabenfeld, in das man sich näher einarbeiten kann; als Archäologe sind 3D-Scanner und -Printer auch für den eigentlichen Beruf interessant.
Auch die Grundlagen der Programmierung sind nicht so schwer, wie manch eine(r) sich das vorstellt. HTML ist so einfach, dass es sich leicht im Selbststudium nebenbei lernen lässt. Und es bietet eine einfache Grundlage für den Einstieg in XML, eine Dokument-Beschreibungssprache, die in der Technischen Dokumentation gerne eingesetzt wird. Auch mit Excel-Formeln lassen sich einfache Programmierfunktionen erproben; dadurch lässt sich dann ganz nebenbei auch noch manches Hochschulprojekt einfacher umsetzen.
Technisches Know-how muss nicht als trockenes Buchstudium oder als aufwändige Webrecherche ablaufen. Interviewen Sie doch einmal Ihren WG-Kollegen zu seinem Elektrotechnik-Studium. Viele Ingenieurs-Studenten freuen sich, wenn sich jemand für ihr Fach interessiert. Und Sie werden dabei Erfahrungen sammeln, die Sie in Ihrem späteren Beruf als Technischer Redakteur gut gebrauchen können. Das Interview können Sie ja dann in einer Studenten-Zeitschrift oder Ihrem Blog veröffentlichen.
Tipp 3: Kompetenz zeigen
Denn letzten Endes hilft alles Wissen nichts, wenn man dieses Wissen nicht in die Praxis umsetzen kann. Ein Blog kann deshalb eine gute Plattform sein, um redaktionelle Erfahrungen zu sammeln und Arbeitsproben zu publizieren.
Ein anderer guter Einstieg in die praktische Dokumentationsarbeit sind OpenSource-Projekte. Auf SourceForge finden Sie eine große Auswahl von Open-Source-Software. Gerade bei den kleineren Programmen oder bei spezialisierten Software-Paketen freuen sich die Programmierer, wenn sie Unterstützung für die Dokumentation bekommen. Und wer es gerne konkreter mag: Open Source gibt es auch bei Hardware. Über Unterstützung bei der Dokumentation sind auch diese Projekte sicher dankbar.
Viele Studenten und Studentinnen vergessen, sich bei ihren Unternehmenspraktika Nachweise zu besorgen. Damit sind nicht nur einfach Praktikumsbeurteilungen gemeint. Ideal ist es, wenn man nach dem Praktikum auch einige Arbeitsproben vorzuzeigen hat.
Kompetenz lässt sich außerdem in verschiedenen Diskussionsforen im Internet beweisen: Facebook, LinkedIn und Xing stellen gleich mehrere Plattformen bereit, auf denen sich Technische Redakteure treffen; auf Twitter lässt sich unkompliziert Kontakt zu Technischen Redakteuren weltweit aufbauen. Das Gute dabei: Auf solchen Plattformen lassen sich gleich mehrere Tipps gleichzeitig umsetzen: Hier kann man sich zu den Trends der Branche informieren, man kann Kontakte aufbauen und z. B. eine eigene Arbeitsprobe zur Diskussion stellen und die Meinung der Fachleute einholen.
Tipp 4: Netzwerke bilden
Denn gerade als Quereinsteiger sind Kontakte immens wichtig. Immer wieder höre ich den Einwand, dass man in den Unternehmen doch “nur über Beziehungen reinkommt”. Das stimmt so zwar nicht, aber bestehende Kontakte erleichtern den Einstieg natürlich schon. Der Denkfehler in dem Einwand liegt aber darin, dass er unterstellt, dass Kontakte etwas sind, was man hat.
Kontakte hat man nicht automatisch, man kann und sollte sie aber aufbauen. Das können die oben erwähnten Teilnehmer in einem Web-Forum sein. Bei einem Praktikum oder anderen Projekt lohnt es sich, auch nach dem Abschluss den Kontakt zu halten. Und die Kommilitonen von heute sind vielleicht schon die Projektpartner von morgen.
Letzten Endes ist es nicht entscheidend Kontakte zu haben, sondern sie zu pflegen und sich für die Leute in seinem Umfeld zu interessieren. Denn oft merkt man nicht, welche interessanten Leute man kennt. Ich habe selbst etwa erst nach ein paar Jahren Berufstätigkeit herausgefunden, dass ein Verwandter, der in einem Maschinenbau-Unternehmen als Ingenieur arbeitete, dort tatsächlich die Technische Dokumentation verantwortete (und er dachte umgekehrt, dass ich „irgendwas mit Internet“ mache). Seitdem sind die Familienfeste für uns beide deutlich interessanter.
Und entscheidend ist auch, Kontakte nicht als Aufgabe zu verstehen und rein strategisch vorzugehen. Zeigen Sie echtes Interesse an den Leuten um Sie herum und seien Sie hilfsbereit, wenn Sie Gelegenheit dazu haben. Beweisen Sie sich als guter Partner und angenehmer Kontakt und wenn es darauf ankommt, wird man sich gerne an Sie erinnern.
Tipp 5: Preise kennen
Viele Anfänger glauben, dass sie nur niedrig genug mit Ihren Preisen gehen müssen, damit sie einen Auftrag bekommen. Davor kann ich nur warnen. Billige Preise kann man sich nur auf zwei Arten leisten: Entweder, indem man groß ist und Skaleneffekte nutzen kann (das „ALDI-Prinzip“) oder indem man sich selbst ausbeutet. Das eine können Sie als Anfänger nicht und das andere sollten Sie nicht.
Letzten Endes ist der Preis für eine Dienstleistung (egal ob Honorar oder Gehalt), ein Zeichen für Professionalität. Zu billig kann dann signalisieren, dass die Leistung nicht in Ordnung ist. Und dann klappt es mit dem Auftrag auch tatsächlich wegen des Preises nicht.
Tipp 6: An sich glauben
Zu guter Letzt: Glauben Sie an sich selbst. Als Quereinsteiger sind wir immer mit dem Gedanken konfrontiert, dass die Welt ja nicht auf uns wartet. Gerade deshalb ist es wichtig, unsere Stärken zu kennen. Und der Vorteil an unseren Schwächen ist, dass wir zumindest wissen, dass sie vorhanden sind und dass wir daran arbeiten können, sie auszugleichen. Denn eine erkannte Schwäche ist allemal besser als eine ungenutzte Stärke.
Tipp 4 kann vernachlässigt werden, wenn man im Vorfeld ausreichend Gelegenheit zur (Selbst-)Kontrolle im entsprechenden Umfeld hatte, die ausgestellten Rechnungen umgehend beglichen werden und man immer wieder kontaktiert/einbezogen wird …
Man nenne es auch Berufserfahrung!
M.
Mein Berufswechsel ermöglichte sich dank Xing. Ich konnte während meinem Studium und meinem Berufsleben in vielen Bereichen Erfahrungen sammeln und gab diese in meinem Profil an. Tipps dazu fand ich auf http://www.talentfrogs.de/quereinsteiger/ . Durch gesammelte Erfahrungen und mein Interesse konnte ich so als Quereinsteiger in einen neuen Bereich einsteigen, ohne vorher an Weiterbildungsmaßnahmen etc. teilnehmen zu müssen. Also schön netzwerken! 😉
Toller und hilfreicher Artikel 🙂
Hallo Markus.
Danke für Deinen mutmachenden Artikel.
Sehr schön geschrieben ohne blabla.
Ich denke von mir, dass ich ein guter Technischer Redakteur wäre. Irgendwie fehlt mir der Punkt zum Quereinstieg, weil ich ja meinem eigentlichen Job nachgehe. Da ist dann ein guter Kontakt Gold wert. Ein Kontakt als Chance.
Danke für Deine Zeilen die meine Motivation unterstützen.
Beste Grüsse aus B.town. Jeani.
Techn. Dokumentation bedeutet, standardisierte Texte mit einfachen Formulierungen zu schreiben. Ein Video oder Blog nutzt wenig – es geht nicht um Selbstdarstellung, Lyrik oder Prosa. Wer das machen will, der sollte Buchautor werden. Es geht auch nicht darum, Technik zu erklären – wer das will, sollte Trainer werden. Wichtig ist es gesetzeskonform zu schreiben: Gesetze, Normen und Richtlinien müssen bekannt sein. Techn. Redakteure sind nicht nur Quereinsteiger sondern vor allem Schnellaussteiger: wenn in Unternehmen gespart wird, fallen diese Positionen als erstes weg und werden im besten Fall von Leiharbeitskräften erledigt. Da scheinbar jeder dieser Job machen kann, auch ohne fundierte Grundlage, ist die Bezahlung entsprechend. Doku darf nichts kosten und ist vor allem ein lästiges Übel für die Unternehmen.
Da haben Sie sicher Recht, das mag für viele Unternehmen gelten, in denen Dokumentation hauptsächlich als Kostenfaktor gesehen wird. Bei doctima kennen wir aber auch andere Kunden, die Dokumentation als Mittel zum Support, zur Kundenbindung und für das Wissensmanagement nutzen. Schafft man es als Technische/r Redakteur/in, Dokumentation in diesen Zusammenhang zu stellen, dann winken spannende Aufgaben (und Jobsicherheit). Das ist aber zugegebenermaßen nicht immer einfach.