Wissen Sie, wie erfolgreich Ihre Dokumentation ist? Vermutlich nicht, wenn es Ihnen so geht, wie dem Großteil der Technischen Redaktionen in Deutschland. Denn nur wenige verfügen über ein Kennzahlensystem, mit dem sie den Erfolg ihrer Abteilung messen können. Ich möchte mir deshalb heute einmal ansehen, wie ein Kommunikationscontrolling für Technische Redaktionen aussehen muss. Und in einem der nächsten Blogposts zeige ich dann, wie man mit Kennzahlen im Redaktionsalltag umgeht.
Warum das Ganze?
Ganz zu Beginn will ich aber die Sinnfrage stellen. Haben wir nicht schon sowieso genug zu tun? Warum jetzt also auch Kennzahlen? Meine Antwort: „Sie haben gar nicht die Zeit, keine Kennzahlen zu erheben.“
Denn nur mit den geeigneten Kennzahlen lässt sich eine Redaktion auch zielgerichtet steuern. Ohne einen objektiven (und damit messbaren) Blick auf die Fakten bleiben alle Bemühungen um Verbesserung unfokussiert. Man erkennt weder, ob man auf dem richtigen Weg ist, noch wann man sein Ziel soweit erreicht hat, dass man in den Bereich der sinkenden Grenzwerterträge gerät (sprich der Aufwand die Verbesserungen nicht mehr rechtfertigt).
Am wichtigsten ist aber folgender Aspekt beim Kommunikationscontrolling: Mit den geeigneten Kennzahlen werden Sie sprachfähig gegenüber anderen Abteilungen und dem Management, z. B. indem Sie den Return on Investment (ROI) plausibel machen. Wenn Sie Ihre Ziele mit Kosten und Nutzen messbar unterlegen können, fällt es Ihnen sehr viel einfacher, auch andere zu überzeugen. Erst durch Kommunikationscontrolling wird für das Management nämlich aus dem „Wunsch“ nach einem CMS eine Maßnahme, die sich nach Heller und Pfenning rechnet und die mit hoher Wahrscheinlichkeit einen dauerhaften Nutzen entfaltet.
Erst die Strategie, dann die KPI
Schlimmer als keine Kennzahlen sind irrelevante Kennzahlen. Denn ohne Kennzahlen kann man nicht planen; mit irrelevanten Kennzahlen aber auch nicht – und sie verursachen zusätzlich noch Aufwand. Also: einfach mal zu erheben, wie viel A4-Seiten Dokumentation man pro Jahr produziert, hilft niemandem weiter.
Wichtig ist deshalb, dass man seine Kennzahlen strategisch ausrichtet. Welche Ziele verfolgen wir als Gesamtunternehmen? Welche Ziele verfolgen wir als Abteilung? Wo stehen wir heute, wo wollen wir hin? Und woran erkennen wir, dass wir dorthin gekommen sind? Wie lässt sich das messen?
Kennzahlen (sogenannte Key Performance Indicator – KPI) sollten Eigenschaften mitbringen, die sich an der S.M.A.R.T.-Formel orientieren:
- spezific: genau und konkret sein
Nicht: „Wir wollen die Relevanz steigern.“
Sondern: „Wir möchten die Quote der Supportanfragen senken, auf die es keine Antwort in der Dokumentation gibt.“ - measurable: messbar, in Zahlen fassbar
Nicht: „Kostenreduktion erzielen.“
Sondern: „Unsere Übersetzungskosten auf 5000 € pro Anleitungsversion senken.“ - achievable: erreichbar, für die Projektbeteiligten akzeptabel
Nicht: „Senkung der Personalkosten in der Abteilung um 75 %.“
Sondern: „Abbau der regelmäßig anfallenden Überstunden“ - relevant: realistisch und zu den Zielen passend
Nicht: „Wir wollen schönere Anleitungen verfassen.“
Sondern: „Das Userfeedback zu unseren Anleitungen soll sich verbessern.“ - timely: zeitbezogen, mit spezifischen Terminen
Nicht: „Wir wollen unsere Kosten reduzieren.“
Sondern: „Wir wollen unsere Kosten bis zum 31.12.2018 pro Quartal um 3 % senken.“
KPI, die diesen Kriterien gerecht werden, sind dann auch wirklich kein Selbstzweck, sondern ein mächtiges Werkzeug, mit dem Sie Ihre Redaktion strategisch ausrichten können. Kurzfristig bedeutet das natürlich Aufwand für die Zielfindung, für die Definition der Kennzahlensätze und für den Aufbau eines Auswertungssystems. Mittelfristig gewinnt Ihre Abteilung dadurch aber massiv an Schlagkraft. Doch bevor es so weit ist, wollen wir uns im nächsten Blogpost einmal ansehen, wie man Kennzahlen in seiner Redaktion am besten einführt.