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Beipackzettel für Medikamente und Technische Dokumentation ähneln sich in vielen Punkten. Bei beiden Textsorten geht es letzten Endes darum, wie man ein Produkt nutzt. Aber es gibt auch deutliche Unterschiede. Diese Unterschiede sagen einiges darüber aus, welchen Trends Technische Dokumentation folgen oder nicht folgen sollte.
Beipackzettel – ein Steckbrief
Beipackzettel oder genauer „Packungsbeilagen für Fertigarzneimittel“ haben vermutlich alle schon einmal in der Hand gehabt. Denn jedes Medikament, egal ob auf Rezept erhältlich oder frei verkäuflich, enthält einen solchen Zettel. Lediglich bei frisch zubereiteten Rezepturen ist keine Packungsbeilage nötig. Hier informiert dann die Apotheke.
Ähnlich wie Gebrauchsanleitungen unterliegen auch Packungsbeilagen normativen Anforderungen hinsichtlich Gestaltung und Inhalt. Die genauen Anforderungen werden durch die Europäische Richtlinie 2001/83/EG geregelt, die für Deutschland im deutschen Arzneimittelgesetz (AMG) umgesetzt ist und in § 11 genauer behandelt wird.
Im Wesentlichen ist die Funktion der Beipackzettel ähnlich wie bei Gebrauchsanleitungen: Sie sollen die Lesenden zur Verwendung des Produkts befähigen und vor Gefahren bei der Verwendung warnen. Deshalb gibt es auch eine ganze Reihe von Textteilen, die vergleichbar sind: „Inhaltsstoffe“ entspricht dem Geräteaufriss der Anleitung, „Nebenwirkungen und Kontraindikationen“ spiegeln die Sicherheitshinweise und auch an vielen anderen Stellen gibt es Parallelen.
Beipackzettel und Gebrauchsanleitung – die Unterschiede
Neben den Parallelen gibt es aber auch einige Unterschiede, die in der Sache begründet sind. Die Anwendung des Produkts ist bei den meisten Medikamenten schnell erklärt. Sie ähnelt sich im Wesentlichen zwischen allen Produkten derselben Medikamentenklasse. Eine Tablette wird geschluckt (mit ausreichend Wasser natürlich), die Salbe an den betroffenen Stellen aufgetragen. Natürlich gibt es Unterschiede in den Details, z. B. ob eine Tablette auch mit Milch eingenommen werden kann oder ob die Salbe die Haut lichtempfindlicher macht. Im Vergleich zu Geräten mit oft hunderten von verschiedenen Funktionen und Handlungsschritten, sind aber die Hinweise zum Gebrauch bei Packungsbeilagen fast schon nebensächlich.
Dagegen sind die Gefahren bei Fertigarzneimitteln deutlich tückischer. Manche Gefahr eines Geräts lässt sich schon auf den ersten Blick erkennen: Ein Schneidwerk lädt nicht gerade dazu ein, die Finger dort hineinzustecken und elektrischer Strom ist nichts, was gut mit Feuchtigkeit zusammen geht. Die Gefahren eines Arzneimittels sind dagegen für Laien von außen nicht erkennbar: Ob eine Pille komplett aus Zucker besteht oder ein hochwirksames Herzmittel enthält, erschließt sich nur durch einen Blick in die Packungsbeilage.
Gefahren bei Medikamenten sind also versteckter als bei Geräten und müssen deshalb umso deutlicher kommuniziert werden. Erschwerend kommt hinzu, dass eine ganze Reihe von Gefahren individuell variieren: Nebenwirkungen betreffen oft nur einen Teil der Nutzer und Nutzerinnen, das Medikament ist für Kinder unter zwölf Jahren nicht geeignet, die Dosis ist abhängig vom Gewicht der Patient:innen.
Was sich daraus lernen lässt …
Die Sicherheitshinweise nehmen deshalb in Packungsbeilagen prozentual deutlich mehr Raum in Anspruch als bei Gebrauchsanleitungen. Dies ist fast zwangsläufig so, denn die Gefahrsituationen sind deutlich komplexer als bei den meisten Produkten. Allerdings hat dieser Fokus auf die Sicherheit seinen Preis. Viele Patient:innen verwenden nämlich Medikamente aus Angst vor Nebenwirkungen nicht. Manche Medikamentenhersteller von frei verkäuflichen Arzneimitteln sind deshalb schon dazu übergegangen, neben der offiziellen Packungsbeilage ein zweites Dokument beizulegen, das auf allgemein verständliche Art die Nutzung und den Nutzen des Medikaments noch einmal beschreibt. Sozusagen eine verständlichere Übersetzung der offiziellen Packungsbeilage.
Gebrauchsanleitungen sind noch nicht an diesem Punkt angekommen. Aber dennoch sieht man immer wieder Technische Dokumentation, die sehr stark auf den Sicherheitsaspekt fokussiert; frei nach dem Motto „Viel hilft viel!“
Bei Endanwender:innen kann dies allerdings zu starker Verunsicherung führen und letzten Endes zu dem Eindruck, dass sich das Gerät nicht sicher verwenden lässt. Deshalb ist es wichtig, im Sicherheitskonzept eine gute Balance zwischen notwendigen Warnhinweisen und motivierenden Elementen zu finden. Nicht dass wir am Ende unserer Dokumentation auch eine verständlichere Variante beilegen müssen, damit wir unsere Kunden und Kundinnen nicht verschrecken.