Da ich hier und da App-Entwicklung für das iPhone betreibe, bin ich seit knapp zwei Jahren gezwungen, beruflich einen Apple-Computer zu benutzen. Naja, um ganz ehrlich zu sein, würde ich das auch freiwillig tun, auch zu Hause steht ein iMac im Wohnzimmer, aber darum geht es hier nicht.
Da unsere Infrastruktur hier bei doctima weitgehend auf Windows ausgerichtet ist – mit einem Small Business Server im Zentrum und MS Office als Standard-Arbeitsmittel – findet der überwiegende Teil meines Arbeitstages auf einem virtuellen PC unter Parallels Desktop statt, aber auch darum geht es hier nicht.
Über die letzten Jahre hat sich eine kleine Sammlung von Mac-Freeware auf meinem MacBook angesammelt, deren Ingredienzen sich teilweise als sehr nützlich für die tägliche Arbeit erwiesen haben, und um die geht es hier. Meine Erfahrungen möchte ich an dieser Stelle weitergeben, und vielleicht bekomme ich ja den einen oder anderen Software-Tipp als Feedback.
Während ich diese Liste aufgestellt habe, habe ich festgestellt, dass einige der Tools, die ich als Freeware installiert hatte, mittlerweile nicht mehr frei verfügbar sind (beispielsweise kostet PixelStick jetzt Geld, Navicat Lite wurde durch eine kommerzielle “Essential”-Version ersetzt, das Perian-Projekt löst sich gerade auf, etc.). Da Ähnliches auch dem ein oder anderen der hier genannten Werkzeuge unterlaufen kann, empfehle ich, den Status lieber vor dem Download nachzuprüfen.
Ich liste die Apps alphabetisch auf. Kategorie, Hersteller, Link und Lizenzmodell habe ich jeweils dazu geschrieben. Am Ende folgt ein kleines Glossar zu den Lizenzmodellen.
Audacity
Audio-Editor (Opensource, http://audacity.sourceforge.net/…, GPL v.2)
Eigentlich ein geniales Tool zum Schneiden, Kleben, Reparieren und Aufmischen von Audiospuren. Läuft allerdings unter Windows besser, ist in der Mac-Version abgespeckt und weniger stabil.
BlueGriffon
HTML-Editor (Opensource, http://bluegriffon.org, MPL 1.1, GPL V2, LGPL V2.1)
Basiert auf Firefox. Einigermaßen brauchbar für einfache WYSIWYG-Arbeiten an einzelnen HTML-Seiten, zum Beispiel um Prototypen zu bauen, aber die spannenden Sachen (CSS Editor …) kosten Geld. Vorhandene Assistenten erzeugen grässliches HTML.
calibre
eBook-Verwaltung und -Generierung (Opensource, http://calibre-ebook.com, GPL V3)
Kann eBook-Formate ineinander konvertieren und aus HTML-Seiten eBooks erzeugen.
Wäre ganz brauchbar, wenn die Oberfläche nicht vollkomen überladen wäre und wenn nicht zweimal die Woche ein Update käme, das einen Komplett-Download und Neuinstallation erfordert.
Cyberduck
FTP-Client (Opensource, http://cyberduck.ch, GPL)
Apple-mäßig einfache, gelungene Oberfläche. Funktioniert gut, neigt nur etwas eher zu Verbindungsproblemen als WinSCP oder CoreFTP LE unter Windows. Cyberduck ist Nagware, die bei jedem Update fragt, ob man spenden möchte. Es gibt auch eine Windows-Version des Tools.
Dash
Programmier-Unterstützung (Kapeli, http://kapeli.com/dash, AppStore-Lizenz)
Snippet-Verwaltung und Nachschlagewerk für eine Reihe von Programmiersprachen und -umgebungen, sogar für typo3 und WordPress. Umfangreich und einfach zu bedienen. Insgesamt eine feine Sache, zwar Nagware, aber mit einem sehr dezenten Nagging.
DiffMerge
Dokumentvergleich (Totato, http://www.sourcegear.com/…, eigene Lizenz)
Ganz brauchbares Werkzeug, um Textstände miteinander zu vergleichen. Man muss nur vorher wissen, welche der beiden geöffneten Datei diejenige sein wird, in die man die Änderungen übernimmt, denn Änderungen gehen nur eine Richtung. Interessant auch die Merge-Funktion mit zwei Eingangs- und einer Ausgabedatei.
Disk Drill Media Recovery
Datenretter (Cleverfiles, http://www.cleverfiles.com/…, eigene Lizenz)
Daten von externen Laufwerken retten. Die Basic-Version ist Freeware. Einmal verwendet, kann zumindest Teile der Daten von defekten USB-Sticks oder SD-Karten retten.
Doxygen
Sourcecode-Dokumentator (Opensource, http://www.doxygen.org, GPL)
Zieht formatierte Kommentare aus Programmcode und erstellt daraus API-Doku. Lässt sich in XCode oder Eclipse integrieren. Die Ausgabe ist normalerweise ein fertig gestaltetes HTML-Hypertextdokument. Über einfache Konfiguration lassen sich auch andere Formate wie PDF oder XML erzeugen. Das XML lässt sich dann weiter verarbeiten, um z.B. gemeinsam mit redaktioneller Anleitung eine integrierte Dokumentation zu erzeugen.
GNU Emacs
Text-Editor (GNU, http://www.gnu.org/…, GPL)
Uralt-Flaggschiff aus der Zeit der Bernsteinkonsolen (emacs: 1976, GNU emacs: 1984), das den Sprung ins 21. Jahrhundert geschafft hat, ohne sich zu sehr modernen Bedienungsgewohnheiten zu beugen. Vielseitig, stabil und schnell, aber extrem gewöhnungsbedürftig. Der Emacs spielt seine Stärken dann aus, wenn man z.B. einer zehn Megabyte großen Datei mit regulären Ausdrücken zu Leibe rücken möchte.
Firefox
Browser (Mozilla, http://www.mozilla.org/…, MPL)
Ziemlich Standard-konformer Web-Browser. Das beste Argument für den Firefox gegenüber dem Safari ist für den Webentwickler mittlerweile die kostenlose Erweiterung Firebug, ein unersetzlich gutes Tool zur Analyse von HTML, CSS und Javascript. Tatsächlich sollte man zum Web-Entwickeln alle gängigen Browser (ja, auch und besonders den Internet Explorer!) bereit haben, um vor bösen Überraschungen gefeit zu sein. Ich hätte beispielsweise nicht von allein damit gerechnet, dass ausgerechnet der Chrome sich durch abweichendes Text-Rendering und rigide Sicherheitsregeln für lokale HTML-Dateien und Cookies auszeichnet (Chrome und IE fehlen hier in der Liste, weil ich die unter Windows betreibe).
Flip4Mac
Video-Codec (Telestream, http://www.telestream.net/…, Lizenzbedingungen im User Manual PDF)
Flip4Mac ist die Unterstützung für Windows Media Video (WMV) auf dem Mac. Es enthält einen eigenen Video-Player, wird aber auch von dem sehr verbreiteten VLC Mediaplayer (s. u.) verwendet. Nützlich, wenn multimediale Zuliefer-Dokumentation von Windows-Nutzern erstellt wird.
Flutter
Fernsteuerung (Bot Square, http://flutterapp.com, AppStore-Lizenz)
Flutter erlaubt es, Programme wie VLC, iTunes und ein paar andere per Handgeste zu steuern. Es verwendet die eingebaute Kamera, um Handsignale auszuwerten. Funktioniert überraschend gut, ist aber professionell wohl eher als Gag für Präsentationen zu gebrauchen. Auch für Windows verfügbar. Auf sehenswerte Weise ungewöhnlich: die Hersteller-Website.
Google Earth
Virtueller Globus (Google, http://www.google.de/…, eigene Lizenz)
Muss man wahrscheinlich nicht erklären. Das freie Geo-Informations-System. Heimat von Google Streetview und vielen anderen, teils auch nützlichen Zusatzdiensten. Ein PC mit einigermaßen Grafikleistung und ein Internetzugang nicht unbedingt via Modemverbindung sind Voraussetzung.
HandBrake
Video-Ripper (Opensource, http://handbrake.fr, GPL)
Kann (MPEG)-Videodateien von DVDs oder anderen Videoquellen erstellen. Besonders effizient: Abarbeiten mehrerer Tracks per Warteschlange. Sehr gut benutzbare Software, aber bezüglich rechtlicher Aspekte empfiehlt es sich, AGB, FAQ und diverse Gesetzbücher gründlich zu lesen. Sympathisch: das Programm empfiehlt, es sich während längerer Konvertiervorgänge mit einem Cocktail gemütlich zu machen.
iBackup
Backup-Werkzeug (http://www.grapefruit.ch/iBackup, Donationware für privat, kommerziell für Business)
Kopiert Platten/Verzeichnisse/Dateien auf Backup-Medium. Brauchbar, im Gegensatz zur betont einfach gehaltenen Apple TimeMachine kann man dediziert angeben, was wohin gesichert werden soll. Im Gegensatz zur TimeMachine wird auch nicht versioniert. Für einige Dateitypen ist das sinnvoll, z.B. für virtuelle Maschinen.
iBooks Author
eBook-Editor (Apple, http://www.apple.com/…, AppStore-Lizenz)
Apple-Freeware, um schicke eBooks zu erzeugen. Nicht wirklich getestet. Publikation ins proprietäre iBooks-Format oder nach PDF, vorgesehen ist v. a. der iBook-Store als Veröffentlichungskanal. Als Lesegerät eignet sich v. a. das iPad – wer hätte es erwartet.
Image Tricks Lite
Bild-Editor (Belightsoft, http://www.belightsoft.com/…, AppStore-Lizenz)
Software mit einer Reihe von konfigurierbaren Filtern, durch die man Bilder jagen kann. Nett, und anwendungsbedingt sogar sinnvoll einsetzbar. Die kostenpflichtige Pro-Version kann v. a. mehr Tricks.
Inpaint
Bild-Manipulation (Maxim Gapchenko, http://www.theinpaint.com, AppStore-Lizenz)
Der Autor ist bezeichnender Weise Russe – die Funktionalität der Software lässt einen an das berühmte Foto denken, wo Kamerad Trotzky fehlt: sie retuschiert störende Objekte aus einem Bild. Erster Eindruck: Naja, kann man schon machen. Im Ernstfall aber doch lieber Photoshop.
Kindle
eBook-Reader (Amazon, amazon.de, eigene Lizenz im AppStore)
Die Software zu Amazon’s eBook-Reader. Spartanisch, nicht besonders stabil, aber dank Amazon-DRM nötig, um ohne Kindle-Hardware deren eBooks zu lesen. Auch für andere Betriebssysteme erhältlich.
PDF Toolkit
PDF-Editor (F.-X. Coudert, http://molsim.info/…, AppStore-Lizenz)
Beinahe hätte ich dem Tool unrecht getan. Zwar ist es beim ersten Test abgestürzt, worauf ich kurz davor war, das PDF Toolkit sofort wieder zu löschen, aber im zweiten Anlauf läuft das Ding stabil und verbindet, trennt, extrahiert und komprimiert, dass es eine wahre Freude ist. Natürlich greift der Profi im Ernstfall zum Acrobat, v.a. weil das Toolkit nur einfachere PDF-Konstrukte unterstützt. So werden ausgefüllte Formularfelder beim Text-Export nicht mit exportiert. Außerdem wäre es ganz sinnvoll, im winzigen Vorschaufenster die aktuelle Seitennummer anzuzeigen, insbesondere für die Funktion “Seiten von … bis … entfernen/behalten”. Aber im Großen und Ganzen sehr brauchbar für viele kleinere Aufgaben.
QREncoder
QR-Code-Generator (mobilio, http://www.mobiliodevelopment.com/…, AppStore-Lizenz)
Generiert QR-Codes in verschiedenen Auflösungen. Mehr muss man dazu nicht sagen. Einfach und gut.
Remote Desktop Connection
Remote Desktop Client (Microsoft, http://www.microsoft.com/…, Freeware)
Werkzeug zum Fernzugriff auf Windows-Rechner. Funktioniert hervorragend, sobald man heraus hat, dass man im Windows-Fenster für @ statt AltGr-q, bzw. entsprechend für €, ~ oder {[\|]}, die Kombination Crtl-AltGr-q etc. drücken muss – wobei mit AltGr hier die rechte Alt-Taste der Mac-Tastatur gemeint ist (ich selbst habe schändlicher Weise ein Windows-Keyboard am Mac hängen). Nachdem weder im Internet noch am Produkt etwas über Lizenzbedingungen zu finden ist, darf man das Teil wohl frei benutzen.
Seashore
Grafik (Opensource, http://seashore.sourceforge.net, GPL)
Seashore ist der Versuch, den Opensource-Grafik-Moloch GIMP für Mac-Anwender verwendbar zu machen. Leider eingeschränkter Funktionsumfang, und auch nicht wirklich intuitiv zu bedienen. Typisches Beispiel: Um eine Ebene zu drehen, muss man den Winkel in ein Dialogfenster eingeben, erst nach dem Bestätigen mit “OK” verschwindet der Dialog und die Drehung wird ausgeführt. Passt das Ergebnis nicht, hilft nur Undo und von vorne. Brauchbar geht anders.
Serna_Free_4_4
XML-Editor (Syntext, http://www.syntext.com/…, GPL mit eigenen Abweichungen)
Der Name ist Programm, genau so opensourceig-spartanisch wie die Underscores im Titel wirkt die ganze Oberfläche. Unterstützt immerhin einige wichtige Standards wie DITA und DocBook. Der erste Eindruck fällt verheerend aus: Man öffnet das “Simple DokBook Demo” und erhält eine Fehlermeldung, weil er die DocBook-DTD nicht findet. Das XHTML-Template verlangt nach einem root-Element und erzeugt eine leere Datei mit nur dem angegebenen, beliebigen Root-Element. Andere Demos und Formatvorlagen sind ebenso unbrauchbar. Beim Ausprobieren muss man alle zwei Sekunden ein Fehlerfenster wegklicken, weil man irgend etwas gemacht hat, was nicht vorgesehen ist. Dann lieber einen gescheiten XML-Editor kaufen oder den Emacs im nxml-Mode verwenden.
StuffIt Expander
Archiv-Entpacker (SmithMicro, http://www.stuffit.com/…, AppStore-Lizenz)
Im Prinzip bringt OS X ein eigenes Archivierungsprogramm mit. ZIP-Dateien kann man mit Bordmitteln also erstellen und entpacken. Als Ergänzung kann der StuffIt-Expander ein paar Dutzend sonstige Archivformate auspacken. Das ist praktisch, wenn der Opensource-Download als .tar.gz daher kommt, oder wenn im Kundenprojekt rar-, cab- oder sonstige Dateien auftauchen. Die Vollversion StuffIt, die dann auch die Verpackung dieser Formate beherrscht, ist kommerziell.
TextWrangler
Text-Editor (Bare Bones Software, http://www.barebones.com/…, eigene Lizenz im User Manual)
Der TextWrangler ist der kleine Bruder des kommerziellen BBEdit mit Syntax-Highlighting, umfassenden Such- und Ersetzfunktionen, Vorlagen etc. pp. Sehr brauchbar für alles, was keine vollständige Programmierumgebung benötigt.
VLC
Media-Player (VideoLAN, http://www.videolan.org/vlc, LGPL)
VLC würde ich als Universal-Media-Player bezeichnen. In Verbindung mit Flip4Mac (s. o.) spielt VLC so ziemlich alles ab, was man ihm vorwirft, wenn auch das Design der Oberfläche ein wenig spartanisch daher kommt. Performante, stabile Software, die es u.a. auch für Windows gibt.
XMind
Mind-Mapping (Xmind, http://www.xmind.net, LGPL v3)
Gutes Mind-Mapping-Tool mit einem Funktionsumfang irgendwo zwischen dem schlichten Freemind und dem vollgepackten Mindmanager. Xmind kann die Dateien dieser beiden Tools öffnen, und in der kommerziellen Pro-Version auch schreiben. Dabei gehen allerdings mit Sicherheit Details verloren. Xmind ist auch unter Windows verfügbar.
Lizenzmodelle und Begriffe
- GPL: GNU public license, meistverwendetes Lizenzmodell im Opensource-Bereich. http://www.gnu.de/…
- LGPL: Lesser GNU public license, eine Abwandlung der GPL. http://www.gnu.de/…
- MPL: Mozilla public license, Opensource-Lizenz des Mozilla-Projekts. http://www.mozilla.org/MPL
- AppStore-Lizenz: Standard-Lizenz für im AppStore verfügbare Software. http://www.apple.com/…
- Nagware: Software, die man zwar frei installieren kann, die einen aber regelmäßig daran erinnert, dass man auch etwas bezahlen könnte.
Danke für die Freeware-Tipps. Eine kleine Sammlung an freien Tools speziell auch für die Technische Dokumentation auf und mit dem Mac habe ich mal auf http://www.docxter.de zusammengestellt.
Danke für diese Auflistung. Gibt es dazu inzwischen vielleicht auch mal ein Update?
Die Aussagen zu den meisten Tools haben sich ja kaum geändert. Natürlich hat sich in den letzten beiden Jahren die Welt weitergedreht. Ich denke im nächsten Jahr wird es einen Update geben.