Vielen wird es so wie mir gehen: Wenn sie von einer Anleitung nur aus Bildern und Illustrationen hören, denken sie sofort an die Bauanleitungen der Möbel eines schwedischen Möbelhauses oder die Legobausätze ihrer Kindheit mit den rein illustrierten Anleitungen.
Früher habe ich mir nichts Besonderes dabei gedacht, heute als Technischer Redakteur betrachte ich diese Anleitungen aus einem ganz anderen Blickwinkel. Ich habe mittlerweile einen großen Respekt vor den Entwicklern solcher Anleitungen, die es schaffen, dass selbst ein Fünfjähriger einen komplexen Gegenstand zusammenbauen kann.
Die Beispiele zeigen sehr deutlich die Vorteile solcher Anleitungen. Denn oft stimmt das Sprichwort: „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“. Der Nutzer des Produktes kann Schritt für Schritt den Bildern folgen und die Handlungen einfach nachahmen, ohne sich von einem Text ablenken zu lassen. Der entscheidende Vorteil für den Hersteller ist, dass die Anleitung theoretisch in jedes Land unabhängig von der jeweiligen Landessprache ohne Änderungen und Übersetzungen vertrieben werden. Außerdem muss sich der Hersteller der Dokumentation weniger Gedanken über Fachsprachen und Zielgruppen für die Anleitung machen.
Wobei auch hier die Kehrseite der Medaillen nicht fehlt, so ist eine illustrierte Anleitung sehr viel teurer in der Erstellung als eine rein textliche. Hinzu kommt, sollen komplexe Maschinen wie z. B. CNC-Maschinen oder Ähnliches dargestellt werden, so sagt ein Bild zwar mehr als tausend Worte, aber in diesem Fall nicht genug aus. Wenn es gilt, Hintergrundwissen aufzubauen, oder bei komplexen Prozessen, stößt die Darstellung sehr schnell an ihre Grenzen und es wird unumgänglich, die Prozesse textlich näher zu erläutern. Damit ist sie ungeeignet für Unternehmen mit einer breiten Produktpalette, die für jedes Produkt eine eigene oder sehr komplexe Anleitung benötigen. Zusätzlich gibt es Probleme bei komplexen Grafiken, die Aufmerksamkeit des Nutzers auf den Bereich der Grafik bzw. des Bildes zu lenken, in dem die Aktion stattfindet.
Ein anderer nicht zu vernachlässigender Punkt ist, dass manche Symbole und Bilder in bestimmten Regionen und Ländern nicht akzeptiert oder missverstanden werden. Ein Beispiel für ein solches Dilemma ist ein Handbuch eines großen Softwareunternehmens, auf dessen Titelblatt eine japanische Geisha abgebildet war. Aus historischen und sozialen Gründen konnte die Grafik in China nicht verwendet werden. Symbole wiederum sind Grafiken, die auch dem Muttersprachler nicht automatisch zugänglich sind. So erschließt sich das Warnzeichen für „Gefahr durch Laser“ den meisten Benutzern nicht intuitiv, die das Zeichen nicht kennen.
Im Endeffekt kann man also sagen, dass es stark vom Produkt und der Zielgruppe abhängt, ob eine rein grafische Anleitung sinnvoll ist. Handelt es sich um eine Bauanleitung für ein einfaches Produkt, so kann eine rein illustrierte Anleitung durchaus Sinn machen. Geht es jedoch um ein komplexes Produkt mit vielen Varianten, so macht eine Mischform aus Text und Bild mehr Sinn.
Grundsätzlich stimme ich zu, dass viel vom Produkt abhängig ist, wenn eine Kombination aus Grafik und Text gewählt wird.
Ergänzend möchte ich hinzufügen, dass es Menschen gibt, die Probleme mit räumlichem Sehen und damit mit der Zuordnung haben. Diese sind auf Texte also angewiesen. Deshalb sollte auch bei scheinbar einfachen Vorgängen immer ein klar strukturierter Text (bei einem technischen Redakteur sicher kein Problem) einer Grafik zugeordnet werden.
Ganz abgesehen davon weiß ich von vielen, die bei diesen Grafiken zum Möbelaufbau ganz furchtbar fluchen 🙂