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Als vor zwei Jahren die ersten Diskussionen über den digitalen Produktpass aufkamen, fragten mich viele Kolleg:innen aus der Technischen Redaktion: „Wann wird das denn konkret? Und wie soll das eigentlich funktionieren?“ Die Antwort darauf liefert uns ausgerechnet eine Batterie – genauer gesagt der EU-Batteriepass, der ab Februar 2027 verpflichtend wird und als erste konkrete Umsetzung des digitalen Produktpasses fungiert.
Der Batteriepass macht den Anfang
Der EU-Batteriepass ist kein isoliertes Regelwerk, sondern der Prototyp für eine neue Ära der Produkttransparenz. Während wir noch darüber diskutieren, wie der digitale Produktpass für Elektronikgeräte oder Maschinen aussehen könnte, ist für Batterien mit einer Kapazität über 2 kWh bereits alles klar definiert: Über 90 spezifische Datenpunkte müssen digital verfügbar sein – von der Materialzusammensetzung über den CO₂-Fußabdruck bis hin zu kontinuierlich aktualisierten Zustandsdaten.
Der Batteriepass nutzt dabei bereits die technische Infrastruktur und Standards, die für den umfassenden digitalen Produktpass entwickelt wurden. QR-Codes, RFID-Tags, strukturierte Datenformate und ein gestaffeltes Zugriffssystem – all das wird gerade in der Praxis erprobt.
Gemeinsame DNA: Batteriepass und digitaler Produktpass
Die enge Verzahnung zwischen beiden Systemen ist kein Zufall. Beide basieren auf identischen technischen Grundlagen und nutzen dieselben Identifikationsstandards. Der Batteriepass fungiert als eine Art Beta-Version für das viel größere DPP-System, das bis 2030 praktisch alle Produktkategorien in der EU erfassen soll.
Diese Parallelentwicklung bietet einen entscheidenden Vorteil: Unternehmen, die sich jetzt auf den Batteriepass vorbereiten, schaffen gleichzeitig die Grundlage für alle künftigen Produktpass-Anforderungen. Die Investition in Datenmanagement-Systeme und digitale Strukturen zahlt sich also mehrfach aus.
Was können Technische Redakteur:innen vom Batteriepass lernen?
Der Blick auf die konkreten Anforderungen des Batteriepasses verrät uns viel darüber, wohin die Reise für die gesamte Technische Dokumentation geht:
- Strukturierte Daten werden zur Pflicht.
Die Zeit der unstrukturierten PDF-Dokumente neigt sich dem Ende zu. Der Batteriepass erfordert maschinenlesbare, durchsuchbare Datenformate. Was heute für Batterien gilt, wird morgen für Industriemaschinen und Haushaltsgeräte Standard sein. - Modulares Denken zahlt sich aus.
Der Batteriepass zeigt, wie wichtig topic-basiertes Arbeiten wird. Informationen zur Reparierbarkeit, Materialzusammensetzung oder Sicherheitshinweise müssen flexibel kombinierbar und verschiedenen Zielgruppen zugänglich sein. Wer heute noch in Dokumenten denkt, wird morgen Probleme bekommen. - Lebenszyklus-Denken wird zentral.
Die Dokumentation endet nicht mehr mit der Auslieferung. Der Batteriepass sammelt kontinuierlich Daten über die gesamte Nutzungsphase – ein Paradigmenwechsel, der auch andere Produktkategorien erfassen wird.
Näher als gedacht
Während der Batteriepass bereits 2027 verpflichtend wird, folgen andere Produktgruppen in schneller Abfolge. Textilien und Stahl könnten bereits 2027 folgen, weitere Kategorien bis 2030. Das klingt nach ferner Zukunft, ist aber in Wirklichkeit morgen – besonders wenn man bedenkt, wie lange komplexe Digitalisierungsprojekte in der Praxis dauern.
Die gute Nachricht: Wer die Entwicklungen beim Batteriepass aufmerksam verfolgt, kann sich optimal auf die kommenden Anforderungen vorbereiten. Die technischen Standards, die Datenstrukturen und die Prozesse werden gerade definiert und erprobt.
Fazit: Der Batteriepass als Wegweiser
Der Batteriepass zeigt uns konkret, was zu tun ist: Standardisierung der Inhalte, Modularisierung in einem CCMS und Klassifizierung über Metadaten sind nicht mehr nur Nice-to-have, sondern werden zur regulatorischen Notwendigkeit.
Die Investition in strukturierte Dokumentation und moderne Contentmanagement-Systeme ist heute schon eine Investition in die Compliance von morgen. Wer jetzt anfängt, seine Dokumentation auf digitale, modulare Prozesse umzustellen, schafft die Grundlage für alle kommenden Produktpass-Anforderungen.
Der EU-Batteriepass ist also mehr als nur eine neue Regulierung für die Batterieindustrie – er ist der Prototyp für eine fundamental veränderte Art der Produktdokumentation. Technische Redakteur:innen, die aus diesem Pilotprojekt lernen und ihre Strukturen entsprechend anpassen, werden einen entscheidenden Vorsprung haben, wenn der digitale Produktpass flächendeckend eingeführt wird.
Die Frage ist nicht mehr, ob diese Transformation kommt, denn sie ist bereits da. Die Frage ist nur: Sind Sie bereit?